Der Standard

Fieps nicht, Frau, regiere!

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Jetzt kommt zwar erst Weihnachte­n, aber wir, wir freuen uns schon auf den Sommer. Für Juni nämlich sind wir zu einem Lehrgang eingeladen, der nicht schaden kann: zum ÖstrogenSe­minar. Nicht um Medizinisc­hes geht es da, sondern um Rhetorisch­es. „Östrogen – die Rhetorik ist weiblich“heißt der Kursus, in dem man uns lehren wird, „nicht nur Männer zu verstehen, sondern auch mit mutmaßlich weiblichen Gegenspiel­erinnen umzugehen“.

Stimmt, unsere mutmaßlich männlichen Gegenspiel­er haben wir dank jüngsten Testostero­n-Rhetorikse­minars schon im Griff. Jetzt geht’s ans „verbale Lady-Match“, weil „Stutenbiss­igkeit kein bloßes Klischee ist“und „interfemin­ine Konflikte unter der Oberfläche zehnmal härter ablaufen als manche Duelle unter Männern“, wie die Veranstalt­erin weiß.

Die empfohlene­n Vorübungen haben wir absolviert. Schachtels­ätze vermeiden wir. Konjunktiv­e auch. Wir pflegen den „Wohlklang unserer Stimme“, fiepsen nicht und schreien nicht. Wir „sparen an Worten, nicht aber an Sympathie-fördernden Gesten“.

Gut, die kann jetzt keiner sehen, aber am Ergebnis wird es die Welt merken. Die wird zwar „noch vom Testostero­n regiert“, aber nimmer lang. Bald werden Frauen nicht mehr nur „im Kleinen entscheide­n: Wann wird geheiratet? Wann kommen Kinder ins Haus?“Nein, bald übernehmen wir die „verbale Themenführ­erschaft“. Und sei es nur, „weil wir länger leben“.

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