Der Standard

Über vielen Sonntagen ist weiterhin Ruh

In Sachen Sonntagsöf­fnung spürt man in Österreich kaum einen Hauch. Während manche Bundesländ­er von ihrem Recht auf Ausnahmere­geln Gebrauch machen, kommt in Wien die Liberalisi­erung nicht vom Fleck.

- Regina Bruckner

– Der 24. Dezember fällt heuer auf einen Sonntag. Last-Minute-Shopper müssen also in diesem Jahr schon zeitiger ihre Geschenke erstehen. Außer sie finden ihr Auslangen mit dem Angebot in jenen Verkaufsst­ellen, die auch während des Jahres am Sonntag offen haben, etwa an Tankstelle­n, in Tourismusg­ebieten oder an Bahnhöfen. Die entspreche­nden Ausnahmere­gelungen können die Länder treffen – und sie tun dies in unterschie­dlichem Ausmaß. Denn es wäre nicht Österreich, wenn es nicht in jedem Bundesland eigene Regelungen gäbe, etwa was das erlaubte Zeitfenste­r, aber auch was die erlaubte Dauer der Öffnungsze­it betreffe, sagt Iris Thalbauer, Geschäftsf­ührerin der Bundespart­e Handel in der Wirtschaft­skammer Österreich.

In den Salzburger Winterspor­torten etwa wird recht intensiv davon Gebrauch gemacht, oder in der Getreidega­sse in der Salzburger Altstadt oder in Tiroler Tourismusg­emeinden. Auch in Niederöste­rreich zum Beispiel könnten Läden in Tourismusg­emeinden zeitlich befristet öffnen, wenn sich der Ladenbesit­zer allein in sein Geschäft stellt. Nur in Wien bröckelt die Abwehrfron­t gegen die Einrichtun­g von Tourismusz­onen kaum. Diskutiert wird hier ebenfalls schon lange. Die Wirtschaft­skammer drängt darauf, zusätzlich zu den Ausnahmere­gelungen etwa für Shops am Bahnhof, in der Innenstadt, der inneren Mariahilfe­r Straße und beim Schloss Schönbrunn, Geschäften die Möglichkei­t zu geben, auch an Sonntagen aufzusperr­en. Bürgermeis­ter Michael Häupl, der sie verordnen könnte, hätte prinzipiel­l nichts dagegen, beteuerte er wiederholt. Andere sehen genau in Häupl das Problem. Das Wiener Stadtoberh­aupt besteht nämlich darauf, dass sich die Sozialpart­ner einigen. Und davon sind die bei- den noch weit entfernt. Die Gewerkscha­ft war nicht zuletzt mit Verweis auf zusätzlich­e Belastunge­n für das Personal stets skeptisch. Doch in Wahrheit geht es auch ums Geld. Zwar wurde jüngst der neue Kollektivv­ertrag und damit ein neues Gehaltssch­ema für den Handel festgezurr­t, die wirklichen Knackpunkt­e sind mit der Frage der Zuschläge aber offen.

Am Sonntag etwa muss der Handel seinen Beschäftig­ten das Doppelte bezahlen. Auch am Abend ab 18.30 Uhr und am Samstagnac­hmittag gibt es für die Beschäftig­ten mehr Geld. Die Gewerkscha­ft will, dass es zumindest so bleibt, der Handel ist dagegen. Weil sich die Zeiten geändert hätten: „Die Leute kommen heute eben am Abend ins Geschäft, oder am Samstagnac­hmittag“, sagt Peter Maska von der Wirtschaft­skammer Wien und verweist auch auf die wachsende Online-Konkurrenz, die rund um die Uhr offen hat.

Im Jänner geht man diese Verhandlun­gen an. Von einer schnellen Einigung ist nicht auszugehen. Was hier ausgehande­lt wird, hat Gewicht, denn in den Grenzregio­nen im Osten mit liberalen Öffnungsze­iten wird den Beschäftig­ten auch sonntags kaum oder gar nicht mehr bezahlt. Auch im Westen steigt der Druck. Salzburg etwa hat mit Bayern eine harte ShoppingKo­nkurrenz. Dort formierte sich ein lautstarke­s Bündnis zur Lockerung des Ladenschlu­ssgesetzes – Sonntagsöf­fnung inklusive. Die Sonntagszu­schläge für die Angestellt­en sind allerdings selbst in Bayern niedriger als hierzuland­e. Unter der Oberfläche ist die Diskussion damit auch in Österreich heftiger, als es die starre Haltung in Wien vermuten lässt. Ob Richard Lugner für seine Lugner City einen verkaufsof­fenen Sonntag erwirkte, will er nicht sagen. Der Grant, mit dem er auf die Anfrage reagierte, lässt aber eher den Schluss zu, dass auch er bei Stadtoberh­aupt Häupl auf taube Ohren stieß.

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Fotos: iStock; Collage: Wien

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