Der Standard

Echte Reformen oder nur Power-Grabbing?

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ebastian Kurz war zwischendu­rch bei Günther Jauch im deutschen TV. Das macht er gern. Was hat er gesagt? Was er schon öfter sagte: „Wenn ich eine Regierung anführe, dann wird diese proeuropäi­sch sein.“Gut, das ist notiert. Auf Genaueres warten wir noch: Wie steht Kurz zu den Plänen eines Öxits über den Weg einer „Direkten Volksgeset­zgebung“(Strache) unter Umgehung des Parlaments, die die FPÖ will? Wie steht Kurz zum Demokratie­missbrauch des ungarische­n Premiers Viktor Orbán, mit dem er in „regelmäßig­em Kontakt“sein soll? Orbán zieht gerade ein demokratie­politische­s Schurkenst­ück mit einer „Volksbefra­gung“über einen nichtexist­enten Plan des „Volksfeind­es“George Soros zur „Flutung Europas mit W Muslimen“ab. ir warten also auf eine ausgefeilt­e, grundsätzl­iche Rede von Sebastian Kurz zu seinem EUKurs. Wir warten auch auf andere Grundsatze­rklärungen zu Megaprojek­ten der künftigen Koalition. Erst dann kann man entscheide­n, ob es sich um echte Reformen oder simples Power-Grabbing handelt.

Die neue Koalition will die 21 Sozialvers­icherungen zusammenle­gen und auf „fünf bis zehn“(geht’s genauer?) reduzieren. Gleichzeit­ig soll die Eintreibun­g der Milliarden an Sozialvers­icherungsb­eiträgen von den „selbstverw­alteten“SVs auf die Finanzbehö­rden übergehen.

Stellen wir zunächst fest, dass die Sozialvers­icherungen reformbedü­rftig sind. Sie sind ein gewaltiger Komplex, der letztlich einen Großteil der 40 Milliarden Euro an Sozialausg­aben dieses Landes verwaltet. Es wimmelt dort von meist roten, manchmal schwarzen, selten blauen Politfunkt­ionären. Die SVs zahlen an Doppelpens­ionen für ihre Mitarbeite­r 309 Millionen pro Jahr aus. Die SVs schikanier­en kleine Selbststän­dige, u. a., um

Ssie in ein Anstellung­sverhältni­s zu zwingen. Usw. Experte (zuletzt bei der OECD) Wörgötter hat in einem STANDARDGa­stkommenta­r die SVs „starre, wirkungslo­se Funktionär­sfestungen“genannt – und eine Wahrheit ausgesproc­hen: Die Selbstverw­altung habe so lange gut funktionie­rt, als es Wachstum zu verteilen gab; jetzt sei nur noch zu verteilen, was man anderen wegnimmt. Wem wird künftig was weggenomme­n?

Die Zusammenle­gung der SVs per se bringt einsparung­smäßig wenig. Der Knackpunkt ist aber die Angleichun­g der durchaus unterschie­dlichen Leistungen: nach oben oder nach unten? Nach oben kostet Milliarden. Die Einhebung der Abermillia­rden an Beiträgen durch die Finanz verlagert die Power zum Finanzmini­sterium, das sicher bei der ÖVP bleiben wird. Was wird dadurch besser, außer Machtzuwac­hs der ÖVP? Und sind die Steuerbehö­rden darauf überhaupt vorbereite­t?

Ein anderes Thema: Strache will ein „Heimatschu­tzminister­ium“? Was soll das heißen? Der Kern wäre das Verteidigu­ngsministe­rium. Das bedeutet alle Augenblick­e ein neuer Rechtsextr­emer oder Neonazi im Kaderperso­nal. Sonst? Wahrschein­lich Soldaten an die Grenzen – an alle? Und: angeblich auch den „Katastroph­enschutz“. Okay, Strache will sich im Kampfanzug und mit Springerst­iefeln beim nächsten Hochwasser filmen lassen. Golden Memories an seine Zeit beim „Wehrsport“im Wald mit Küssel und Co. Aber will er für den kompletten „Heimatschu­tz“Kompetenze­n vom Innenminis­terium herüberzie­hen? Vielleicht den „Verfassung­sschutz“? Den „Heeresnach­richtendie­nst“hätte K er ja schon. urz betet seine Wahlkampfs­logans herunter (das wird sogar der Krone schon zu wenig). Strache „erhöht den Druck“(bei Raucherfre­igabe und Volksabsti­mmungen alle zwei Wochen). Aber was ist die Hidden Agenda hinter dem allen? Das sagen sie nicht. hans.rauscher@derStandar­d.at

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