Der Standard

Ausgerechn­et Jerusalem

- Gudrun Harrer

Seine Jerusalem-Verspreche­n aus einer Zeit, als wohl nicht einmal er selbst glaubte, sie jemals einlösen zu können, schleppt Donald Trump wie einen Mühlstein um den Hals: Er werde Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkennen und die US-Botschaft von Tel Aviv dorthin verlegen, sagte er während des Wahlkampfs.

Dann gewann er die Wahlen und schien zu begreifen, dass sogar ein US-Präsident sich nicht so ohne weiteres über den weitgehend­en internatio­nalen Konsens hinwegsetz­en sollte, dass das erst nach einer Verhandlun­gslösung mit den Palästinen­sern passieren sollte. Deshalb war es eher unerwartet, als vor wenigen Tagen plötzlich wieder die mögliche Anerkennun­g Jerusalems als Hauptstadt im Raum stand, der ganzen Stadt inklusive des Ostens, dessen Annexion an Israel völkerrech­tlich ja nicht anerkannt ist.

Gespanntes Warten, widersprüc­hliche Meldungen: Wenn Trump darauf verzichtet, dann weniger der Tiraden des türkischen Präsidente­n Tayyip Erdogan wegen, als um seine neuen alten besten Freunde auf der arabischen Seite des Golfs nicht zu desavouier­en. Denn diese sind bereit, sich Israel gegenüber zu öffnen wie nie zuvor.

Ideologen in Israel würden sich zwar ärgern – Strategen es jedoch mit Fassung tragen. Und viele schütteln die Köpfe über Trump, der das einzige Thema, bei dem auch andere als die Palästinen­ser Konfliktpa­rtei sind, immer wieder ohne Not aufs Tapet bringt.

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