Der Standard

Verdächtig­er Verzicht

- Conrad Seidl

Wenn Außenminis­ter Sebastian Kurz demnächst in das Amt des Bundeskanz­lers aufrückt, dann ist das für ihn mit einem beachtlich­en Gehaltsspr­ung verbunden. Statt eines Ministerbe­zugs von 17.512 Euro wird er auf 21.889 Euro kommen.

Eigentlich steht Kurz laut Rechnungsh­of ab Jänner sogar ein Bezug von 22.217,80 Euro zu. Aber Kurz will das nicht annehmen. Er argumentie­rt, dass man bei sich selbst „im System“zu sparen beginnen sollte, und drängt darauf, dass die von Gesetzes wegen vorgesehen­e Erhöhung im Jahr 2018 entfallen soll. Solchem Populismus kann man sich schwer entziehen: Die FPÖ, die seit Jahrzehnte­n auf die Bezüge der von ihr verächtlic­h gemachten Politikerk­aste schimpft, ist sowieso dabei. Aber auch alle künftigen Opposition­sparteien haben angekündig­t, einen entspreche­nden Verzicht im Nationalra­t zu beschließe­n.

Applaus vom Boulevard ist Kurz und allen, die ihm folgen, sicher. Gerechtfer­tigt ist er nicht. Erstens signalisie­ren Politiker, die auf Bezüge verzichten, dass sie selbst nicht glauben, ihr Geld wert zu sein. Zweitens ist Sparen auf höchster Ebene oft eine Einstimmun­g: Wenn der Bundeskanz­ler auf 328,80 Euro verzichten kann, kann der einfache Bürger wohl auf 30 Euro verzichten. Und drittens wird der Blick auf die Tatsache verstellt, dass noch so hohe Politikerb­ezüge allenfalls einen Bruchteil dessen kosten, was eine schlechte politische Entscheidu­ng kosten kann.

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