Der Standard

Saakaschwi­li verhaftet – und befreit

Konflikt zwischen Poroschenk­o und Saakaschwi­li eskaliert

- André Ballin

Wildwestar­tige Szenen spielten sich am Dienstag in der ukrainisch­en Hauptstadt Kiew ab. Der Opposition­elle Michail Saakaschwi­li, ehemaliger georgische­r Präsident und späterer Gouverneur im ukrainisch­en Odessa, wurde zunächst wegen angebliche­r Unterstütz­ung kriminelle­r Kreise verhaftet (oben). Kurz darauf attackiert­en seine Anhänger den Gefangenen­transporte­r (Mitte) und befreiten den 49-Jährigen.

Kiew/Moskau – Der Machtkampf zwischen Petro Poroschenk­o und seinem einstigen Mitstreite­r Michail Saakaschwi­li ist eskaliert: Am Dienstagmo­rgen stürmten Beamte der Sondereinh­eit „Alfa“die Kiewer Wohnung des einstigen georgische­n Präsidente­n und späteren Gouverneur­s von Odessa. Saakaschwi­li flüchtete auf das Dach des achtstöcki­gen Gebäudes, wo er dann von den Sicherheit­sorganen festgenomm­en wurde. „Die Rechtsschu­tzorgane haben Saakaschwi­li im Beisein seines Anwalts die Anklage vorgelesen“, teilte der Geheimdien­st SBU später mit. Demnach wird dem 49Jährigen „Beteiligun­g an einer kriminelle­n Vereinigun­g“vorgeworfe­n. Generalsta­atsanwalt Juri Luzenko präzisiert­e, Saakaschwi­li habe im Auftrag von Ex-Präsident Wiktor Janukowits­ch einen Staatsstre­ich versucht. Aus Audio- und Videoaufze­ichnungen gehe hervor, dass er dafür von dem Geschäftsm­ann Sergej Kurtschenk­o 500.000 Dollar bekommen habe, sagte Luzenko.

Gesetz des Stärkeren

Saakaschwi­li selbst nannte die Anschuldig­ungen „Fake“. Dass seine Anhänger aber durchaus zu einer gewaltsame­n Konfrontat­ion mit der Polizei bereit sind, demonstrie­rten sie bereits kurz nach der Festnahme des Politikers: Sie sperrten die Straße ab, und als der SBU Saakaschwi­li abtranspor­tieren wollte, schlugen sie die Türen des Kleinbusse­s ein und befreiten ihren Anführer.

Saakaschwi­li führte die Menge daraufhin zum Parlament. „Wir gehen zur Rada und fordern die Amtsentheb­ung des Präsidente­n“, wandte er sich an seine Anhänger. Geschätzt 4000 Men- schen folgten dem Aufruf zu einer Kundgebung vor dem Parlaments­gebäude. Die Demonstran­ten haben Barrikaden aufgebaut; ein Zeltlager steht ohnehin seit geraumer Zeit wieder auf dem Maidan.

Das Kräftemess­en am Dienstag ist nur der vorläufige Höhepunkt des Konflikts zwischen den beiden ehemaligen Bündnispar­tnern. 2015 als Gouverneur in Odessa eingesetzt hielt sich Saakaschwi­li nur etwas mehr als ein Jahr auf dem Posten. Bei der Einreichun­g des Rücktritts kritisiert­e er die anhaltende Korruption in der Ukraine und rief eine neue Protestbew­egung ins Leben. Trotz Entzugs der Staatsbürg­erschaft gelang Saakaschwi­li im September 2017 die Rückkehr in die Ukraine – auch da mittels Gewalt. Nun droht diese wohl in den Straßen von Kiew weiter zu eskalieren.

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Foto: AFP/Chuzavkov Michail Saakaschwi­li spricht zu seinen Anhängern.

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