Der Standard

Produzent Rick Hall gestorben

Der einflussre­iche Soul-Music-Produzent ist 85-jährig an Krebs gestorben

- Karl Fluch

Muscle Shoals – Die indigenen Ureinwohne­r nannten den Tennessee River „der Fluss, der singt“. Dort, in einem Kuhdorf namens Muscle Shoals, errichtete Rick Hall ein Studio. Er nannte es Florence Alabama Music Enterprise­s, kurz FAME Records. Der Name sollte sich als Zeichen erweisen. Es wurde zu einer der produktivs­ten Heimstätte­n der Soul Music. Nun ist ihr Gründer Rick Hall gestorben.

Rick Hall hat eine Autobiogra­fie geschriebe­n. Sie heißt From Shame To Fame („Von der Schande zum Ruhm“). Als die Schande empfand er seine Herkunft. Der zu Silvester 1932 geborene Musikprodu­zent und Songwriter wuchs in den Wäldern von Mississipp­i auf. Er schlief auf Stroh, sein Elternhaus hatte weder Strom noch Wasser. Das machte ihn, wie er in der 2014 erschienen­en Doku Muscle Shoals sagt, bitter. Er wollte raus dort, er wollte jemand besonderer werden.

Als Möglichkei­t eröffnete sich ihm die Musik – Hall begann in den 1950ern als Songwriter. Brenda Lee, George Jones oder Roy Orbison hatten Hits mit seinen Songs. Doch der Stein kam ins Rollen, als Hall mit Arthur Alexander den Song You Better Move On aufnahm. Der wurde 1962 ein Hit und von den Rolling Stones und anderen gecovert. Mit dem Geld gründete er das FAME-Stu- dio. 1966 kam dort ein junger Mann mit einer markanten Lücke zwischen den Schneidezä­hnen ins Studio, zitterte wie Laub im Wind und nahm seinen ersten Song auf: When A Man Loves A Woman wurde ein weltweiter Hit und begründete die Zusammenar­beit von Hall mit Atlantic Records.

Dessen Jim Wexler karrte in den folgenden Jahren dutzende Soulstars runter nach Alabama, um sie mit dem speziellen FAME-Sound aufzunehme­n. „Greasy“, schmierig nannte ihn Aretha Franklin, die ihren ersten Million-Seller und viele ihrer größten Hits mit der FAME-Hausband aufnahm. Das besondere daran: Diese Swampers genannte Band war weiß. Doch die Hautfarbe, sagte Hall, spielte bei FAME nie eine Rolle. Barry Beckett (Keyboards), Roger Hawkins (Schlagzeug), David Hood (Bass) und Gitarrist Jimmy Johnson spielten für einige der größten Stars des Fachs, während der groß gewachsene Hall an den Aufnahmere­glern saß und die Musik festhielt.

Hits für Etta

Duane Allman von den Allman Brothers soll einmal ein Zelt auf dem Parkplatz vor dem Studio aufgeschla­gen haben, um all dem nahe zu sein, was drinnen vor sich ging. Dort nahm Hall derweil Hits für Etta James, Wilson Pickett, Candi Staton oder Clarence Carter auf, darunter waren Songs, die man zum Weltkultur­erbe zählen darf. Auch als die Swampers abzogen und Hall sich mit der Fame Gang eine neue Band zusammenst­ellen musste, riss der Erfolg nicht ab. Zusammen mit seiner eigenen Verlagsges­ellschaft erwirtscha­ftete er ein Vermögen, die Fame Gang spielte auf Alben der Rolling Stones, Little Milton, Bobby Bland, Tony Joe White, Julian Lennon und dutzenden mehr.

Bis zuletzt betrieb Hall sein Studio. Ein Südstaaten-Gentleman mit gezwirbelt­em Oberlippen­bart, der seinen Teil zur Geschichte der Popmusik beigetrage­n hat, dem der Ruhm aber nie über den Kopf gewachsen ist. An den Folgen einer Krebserkra­nkung ist Roe Erister Hall am Dienstag im Alter von 85 gestorben.

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Foto: Allison Carter Gewichtige Beiträge zur Populärkul­tur: Produzent Rick Hall.

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