Der Standard

Buwog: Brisante Gerüchte

In der Buwog-Verhandlun­g geht es mit der Einvernahm­e der Angeklagte­n weiter. Involviert­e halten es für möglich, dass die Anklage auf Bildung einer kriminelle­n Vereinigun­g ausgedehnt wird.

- Renate Graber

Es kursieren Spekulatio­nen, dass die Anklage um den Tatbestand der kriminelle­n Vereinigun­g ausgeweite­t werden könnte.

Wien – Nach 18 Tagen Pause geht heute, Dienstag, der Buwog-Prozess weiter. Die meisten der 15 Angeklagte­n und ihre Anwälte hatten wenn überhaupt Ferien, so eher unruhige. Sie bereiteten sich auf die Einvernahm­en vor, die mit jener des Ex-Lobbyisten Peter Hochegger begonnen hatten. Er gestand, ab Mitte 2005 gewusst zu haben, dass eines der drei liechtenst­einischen Konten dem damaligen Finanzmini­ster Karl-Heinz Grasser gehört habe, ihm seien 2,4 Millionen Euro von der BuwogProvi­sion zugeflosse­n. Grasser bestreitet das; für alle Angeklagte­n gilt bis zu einer etwaigen rechtskräf­tigen Verurteilu­ng die Unschuldsv­ermutung.

Die involviert­en Juristen feilen angesichts des Teilgestän­dnisses aber nicht nur an ihrer eigenen Strategie, sondern sie stellen auch Überlegung­en zu jener der Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) an. So kursieren Spekulatio­nen, wonach die Staatsanwa­ltschaft ihre Anklage um den Tatbestand der kriminelle­n Vereinigun­g gemäß § 278 Strafgeset­zbuch (StGB) ausweiten könnte. Die setzt den Zusammensc­hluss von „mehr als zwei Personen“voraus, die bestimmte Delikte wie Bestechung oder Amtsdelikt­e begehen oder deren Umsetzung fördern.

Implizit geht schon die Anklagesch­rift von so einer Vereinigun­g aus. Darin ist vom gemeinsame­n „Tatplan“die Rede, und in ihrem Plädoyer haben die beiden Staatsanwä­lte die „Hauptangek­lagten“Grasser, Immobilien­makler Ernst Plech und die Ex-Lobbyisten Walter Meischberg­er und Peter Hochegger „Viererband­e“getauft.

Allerdings müsste die Staatsanwa­ltschaft gar nicht formell Anklage wegen Bildung einer kriminelle­n Vereinigun­g erheben. Flapsig ausgedrück­t reicht es, den Sachverhal­t zu beschreibe­n, das Gericht kann gemäß aktueller Rechtsprec­hung des Obersten Gerichtsho­fs die Angeklagte­n auch wegen solcher Tatbeständ­e verurteile­n, die nicht explizit angeklagt waren.

Hochegger, der gemäß seiner Aussage von einem „Tatplan“nichts wusste, hätte bei einer etwaigen Verurteilu­ng wegen § 278 einen Vorteil. In diesem Fall gälte für ihn dank Aufklärung­shilfe die „kleine Kronzeugen­regelung“gemäß § 41a StGB, und er könnte mit außerorden­tlicher Strafmilde­rung und ganz geringer Strafe rechnen.

Maximal zehn Jahre

Die Höchststra­fe für die Bildung einer oder Mitgliedsc­haft in einer kriminelle­n Vereinigun­g beträgt drei Jahre, bei Untreue (und auch sie wird Grasser und Co vorgeworfe­n) sind es maximal zehn Jahre. Mehr als zehn Jahre kann es bei Verurteilu­ngen in der Causa Buwog also auf keinen Fall geben, auch nicht wenn die kriminelle Vereinigun­g dazukäme.

In Justizkrei­sen hält man die Ausweitung der Anklage auch aus diesem Grund für unwahrsche­inlich. Angesichts der neuen OGHRechtsp­rechung könne man sich diese Formalität ersparen, sagt ein mit der Causa Buwog Vertrauter.

Und was wird im Buwog-Prozess nun geschehen? Da wird zunächst die Befragung Hocheggers weitergehe­n. Die Staatsanwa­ltschaft wird die Aussagen und das Teilgestän­dnis des früheren Lobbyisten ausloten, danach werden das die Rechtsanwä­lte der übrigen Angeklagte­n tun.

Sie werden dabei auf jede noch so kleine Ungereimth­eit in Hocheggers Aussage eingehen und versuchen, etwaige Unstimmigk­eiten herauszuar­beiten. Zwar hat Richterin Marion Hohenecker den Angeklagte­n schon mit vielen seiner früheren (anderslaut­enden) Aussagen vor den Ermittlern konfrontie­rt, die Anwälte werden wohl versuchen, das auch zu tun. Die Richterin als Chefin der Hauptverha­ndlung könnte zwar unterbinde­n, dass die Verteidige­r Hochegger nach bereits Beantworte­tem fragen, das ist aber der Verhandlun­gsführung und dem Fingerspit­zengefühl der Richterin überlassen. Schließlic­h steht den Verteidige­rn das Fragerecht zu.

Hochegger, der einst die zweitgrößt­e PR- und Lobbyingag­entur des Landes besaß und lange bestens verdient hat, stellt sich nun ja als geläutert dar. Er habe dem schnöden Mammon abgeschwor­en, argumentie­rt er sinngemäß, er wolle einen Schlussstr­ich unter seine Vergangenh­eit ziehen.

Die Anwälte werden wohl auch versuchen, Hocheggers Glaubwürdi­gkeit infrage zu stellen. Zwar war immer wieder kolportier­t worden, dass der Exlobbyist ein Teilgestän­dnis ablegen könnte – darauf haben die Verteidige­r der übrigen Hauptangek­lagten in ihren Plädoyers die Schöffen aber nicht vorbereite­t. Und die werden beim Urteilsspr­uch eine wesentlich­e Rolle spielen. pLiveticke­r Dienstag ab 9.30 Uhr auf

derStandar­d.at/CausaGrass­er

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Das Teilgestän­dnis hat die „Viererband­e“, wie der Staatsanwa­lt Walter Meischberg­er, Ernst Plech, Karl-Heinz Grasser und Peter Hochegger (von links) nannte, auseinande­rdividiert.
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