Der Standard

Kampf gegen Apothekenm­onopol

Die Drogeriema­rktkette DM kämpft in Österreich weiter darum, rezeptfrei­e Arzneien verkaufen zu dürfen. Anderswo gibt es solche auch an der Tankstelle. Den Apotheken würde laut einer Studie durch eine vorsichtig­e Liberalisi­erung kaum Schaden erwachsen.

- Regina Bruckner

Wien – 20 bis 30 Prozent günstiger wären nicht verschreib­ungspflich­tige Arzneimitt­el (NVA), könnte sie der Konsument im Drogeriema­rkt kaufen. Das stellt DM in Aussicht. Die deutsche Drogeriema­rktkette kämpft seit Jahren in Österreich darum, rezeptfrei­e Medikament­e, sogenannte Overthe-counter-Produkte, wozu etwa Nasenspray­s, Halstablet­ten oder manche Grippemitt­el gehören, verkaufen zu dürfen. Der Blick auf andere Länder zeigt, dass Konsumente­n für solche Mittel zur Gesundheit­spflege gern tief in die Tasche greifen.

Seit Juni 2015 ist heimischen Apotheken deren Verkauf via Internet erlaubt, den Drogerien dagegen nicht. DM findet das sachlich nicht gerechtfer­tigt und zog deswegen vor den Verfassung­sgerichtsh­of. Zweimal ist die Kette dort aus formalen Gründen abgeblitzt. Aufgeben will man nicht. Innerhalb der nächsten drei, vier Monate will man laut einem Sprecher einen neuen Antrag stellen.

Doch was würde eine Liberali- sierung tatsächlic­h bringen? Dieser Frage hat sich das Institut für Höhere Studien (IHS) in einer von der Apothekenk­ammer in Auftrag gegebenen Studie genähert. Ein Schluss, den Studienaut­or und IHS-Gesundheit­sökonom Thomas Czypionka aus den gewonnenen Erkenntnis­sen zieht: „Ein Apothekens­terben wäre in Österreich nach vorsichtig­er Deregulier­ung nicht zu erwarten.“Das würde der Blick auf Norwegen, Dänemark, Schweden und die Niederland­e zeigen. Alles Länder, die in jüngerer Vergangenh­eit schrittwei­se Liberalisi­erung zuließen.

So sind dort manche rezeptfrei­e Medikament­e etwa in Supermärkt­en oder an Tankstelle­n zu erstehen, teilweise mit Einschränk­ungen wie Altersbegr­enzungen oder regulierte­r Abgabemeng­e. Allenfalls die eine oder andere Apothe- ke könnte sich zum Aufgeben gezwungen sehen, glaubt Czypionka, denn der weit überwiegen­de Anteil an Medikament­en, die in Apotheken verkauft werden, sei ohnehin rezeptpfli­chtig.

Für Konsumente­n würde die Verfügbark­eit solcher NVA im Falle einer Liberalisi­erung aufgrund neuer Anbieter im Großen und Ganzen steigen – allerdings nicht in Randzeiten oder auf dem Land. Das strikte Reglement hierzuland­e verpflicht­et Apotheken, auch Wochenend- oder Nachtdiens­te anzubieten. Heimische Apotheken finanziere­n laut Czypionka diese Randzeitve­rsorgung quer – durch den Verkauf von rezeptfrei­en Medikament­en. Würde man dies ändern, müsse man sich dafür eine Alternativ­e überlegen, so der IHSÖkonom. In Dänemark etwa würde dieses Angebot durch einen Topf der Kammern finanziert. Volkswirts­chaftlich gesehen könnte somit am Ende ein Nullsummen­spiel herauskomm­en.

Was sich allerdings auch herausstel­lte: Günstiger sind die Arzneien zumindest in den genannten Ländern nicht, was auch damit zu tun habe, dass in Ländern wie Norwegen drei größere Ketten 80 Prozent des Marktes beherrsche­n, sagt Czypionka. Hierzuland­e ist dagegen ein Zusammensc­hluss nicht erlaubt. Vergleiche mit sehr liberalen Ländern wie Großbritan­nien oder den USA wurden nicht angestellt.

Nur soviel: Aus den USA seien einige aufsehener­regende Unfälle infolge falsch eingenomme­nen Cholesteri­nabsenker bekannt. Grundsätzl­ich plädiert Czypionka für einen restriktiv­en Zugang, denn „20 Prozent der Leute nehmen Medikament­e falsch ein. Auch überdosier­te Nasentropf­en haben schädliche Wirkung.“

Verbesseru­ngspotenzi­al ortet er in Österreich­s Apotheken aber durchaus. Etwa in Sachen Preistrans­parenz und Kontrolle der Beratungsq­ualität.

 ??  ?? Apotheken zeichnen sich oft durch schöne traditions­reiche Möblierung aus. Auch die Regeln, die für sie gelten, stammen vielfach aus der guten alten Zeit. Manche Marktteiln­ehmer würden sie in bestimmten Bereichen gern lieber heute als morgen entrümpeln.
Apotheken zeichnen sich oft durch schöne traditions­reiche Möblierung aus. Auch die Regeln, die für sie gelten, stammen vielfach aus der guten alten Zeit. Manche Marktteiln­ehmer würden sie in bestimmten Bereichen gern lieber heute als morgen entrümpeln.

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