Der Standard

Das Kalkül der FPÖ

- Irene Brickner

Beim Thema Asyl haben die ersten Wochen der neuen Bundesregi­erung so etwas wie eine kommunikat­ionspoliti­sche Arbeitstei­lung an den Tag gebracht. Und die geht so: Aus der FPÖ kommt ein Verschärfu­ngsvorschl­ag, der – würde er umgesetzt – das Leben von Asylwerber­n in Österreich noch über die strengen Pläne der Bundesregi­erung hinaus verschlech­tern würde – und den menschenre­chtsbewuss­te Bürger zu Recht als Aufforderu­ng zum Tabubruch verstehen.

Die Idee etwa, Asylwerber in Großquarti­eren am Rand von Wien anzusiedel­n, wie es FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus vorschwebt. Oder sie in Kasernen mit abendliche­r Ausgangssp­erre zu belegen, wie es Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache sinnvoll erscheint: ein Vorschlag, der auf Einsperrun­g unbescholt­ener Menschen hinausläuf­t und laut einhellige­r Meinung befragter Verfassung­srechtsexp­erten eindeutig menschenre­chtswidrig ist.

Der darauffolg­enden Kritik aus der SPÖ, von Liberalen und Linken folgt eine Phase der Abmilderun­g durch die FPÖ: Der Vorschlag sei falsch verstanden worden. Die ÖVP hüllt sich unterdesse­n in größtmögli­ches Schweigen.

Tatsächlic­h kommt aus der türkisen Kanzlerpar­tei Kritik an den flüchtling­sfeindlich­en blauen Ideen nur in homöopathi­schen Dosen. Die „neue ÖVP“lässt ihren ausländerp­olitisch brachialen Koalitions­partner großteils gewähren. Fast könnte man meinen: Sie benutzt Blau als Sprachrohr.

Doch das ist ein höchst riskantes Spiel, denn die asylpoliti­schen Interessen von ÖVP und FPÖ sind nicht dieselben. Während Sebastian Kurz Härte bei diesem Thema taktisch einsetzt – und dabei bisher keine Rücksichte­n auf die betroffene­n Flüchtling­e erkennen ließ –, ist es für die FPÖ erfolgs- und damit existenzbe­stimmend. Nicht zufällig fällt langjährig­en Beobachter­n wie Anny Knapp von der Asylkoordi­nation angesichts der blauen Großquarti­erpläne daher die Kaserne Kaiserstei­nbruch ein.

Dort scheiterte 1991 der damalige Innenminis­ter Franz Löschnak (SPÖ) mit dem Plan, 400 junge Asylwerber unterzubri­ngen: Die FPÖ hatte sich mit den Anrainern gegen die Flüchtling­e verbündet, ein allgemeine­r Umschwung ins Flüchtling­sfeindlich­e folgte. Seit damals weiß man in der FPÖ: Großquarti­ere schüren Ängste vor Asylwerber­n, die sich in Wahlerfolg­e ummünzen lassen. Und man geht entspreche­nd vor – nun eben als Teil der Regierung.

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