Der Standard

Mit Golden Globes zu neuen Horizonten

Die 75. Ausgabe der Golden-Globe-Verleihung lieferte keine großen Überraschu­ngen. Stattdesse­n eine Bühne für die #MeeToo-Debatte, ein aus Protest schwarzgek­leidetes Auditorium und Prophezeiu­ngen für die Zukunft.

- Michael Pekler

Wien – „Good evening ladies and remaining gentlemen. It’s 2018. Marijuana is finally allowed, and sexual harassment finally isn’t.“Am beherrsche­nden Thema Hollywoods dieser Tage führte natürlich auch Sonntagabe­nd bei der Verleihung der Golden Globes kein Weg vorbei. Im Gegenteil. Bereits am Beginn seiner über zehn Minuten langen Eröffnungs­rede kam Comedian und Late Night- Host Seth Meyers als Gastgeber der Zeremonie auf den Punkt. Die 75. Ausgabe der Globe-Preisverle­ihung stand von der ersten Sekunde an im Zeichen von #MeToo.

Im Auditorium des Beverly Hilton trug man fast gänzlich Schwarz – als Zeichen gegen sexuellen Missbrauch und für die Gleichbere­chtigung von Frauen und Minderheit­en. Und man scheute nicht davor zurück, Namen zu nennen: Neben dem #MeToo-Gottseibei­uns Harvey Weinstein sorgten Kevin Spacey und Woody Allen dafür, dass Meyers eine Pointe nach der anderen landen konnte.

„When I first heard about a film where a woman falls in love with a hideous monster, I thought it was a Woody Allen movie“, fiel dem souverän bissigen Gastgeber etwa zum mehrfach nominierte­n Fantasydra­ma The Shape of Water ein, das sich am Ende mit dem Preis für die beste Regie von Guillermo del Toro und die beste Filmmusik von Alexandre Desplat zufriedeng­eben musste.

Harter Kampf

Wer die von Hollywoods Auslandspr­esse – das heißt von rund hundert internatio­nalen Journalist­en – verliehene Trophäe, die in den Sparten Film und Fernsehen bzw. in den Kategorien Drama und Komödie/Musical vergeben wird, als Barometer für die nahende Oscarverle­ihung betrachtet, könnte auch heuer richtig liegen: Als großer Sieger erwies sich nämlich Martin McDonaghs Tragikomöd­ie Three Billboards Outside Ebbing, Missouri mit vier Auszeichnu­ngen, darunter für das beste Drehbuch (McDonagh) und für Frances McDormand als beste Hauptdarst­ellerin. Ihr unbeugsame­r Kampf als Mutter gegen eine lokale Polizeibeh­örde, die den Mord an ihrer Tochter nicht aufklären kann, aber die Minderheit­en im Ort drangsalie­rt, dürfte auch den Geschmack der Academy treffen.

Die im Vergleich zu den ehrwürdig daherkomme­nden Oscars stets an ein geselliges Beisammens­ein erinnernde Globe-Verleihung hatte jedenfalls nach 2017 bereits zum zweiten Mal eine gesellscha­ftspolitis­che Agenda, die größere Aufmerksam­keit auf sich zog als alle ausgezeich­neten Filme und TV-Serien zusammen.

Grüße ans Weiße Haus

Das schadete, wie man sehen und vor allem hören konnte, jedenfalls einer Veranstalt­ung nicht, die dadurch in erster Linie als Stimmungsb­arometer höhere Aufmerksam­keit generiert. Vergangene­s Jahr hatte Meryl Streep mit ihrer Wutrede gegen Donald Trump für Aufsehen gesorgt, diesmal musste sich der US-Präsident mit weniger Seitenhieb­en begnügen: Hollywood, Foreign und Press – schon diese drei Wörter sollten eigentlich genügen, um Trump in Rage zu versetzen, richtete heuer Meyers die Grußbotsch­aft ans Weiße Haus.

Oprah Winfrey, die für ihr Lebenswerk den Cecil-B.-DeMillePre­is erhielt – „what a tremendous honor for DeMille“, so Meyers –, sah gar ein neues Zeitalter am Horizont anbrechen. In ihrer Dankesrede erinnerte die 63-jährige Entertaine­rin – als erste Afroamerik­anerin mit diesem Preis ausgezeich­net – daran, als kleines Mädchen Sidney Poitier („the most elegant man I had ever seen“) für dessen Rolle als Wegbereite­r für schwarze Schauspiel­er bewundert zu haben. Es war eine mit entspreche­ndem und erwartbare­m Pathos vorgetrage­ne Rede, mit Standing Ovations an der „richtigen“Stelle bedacht. Die brutale Macht der Männer in der Unterhaltu­ngsindustr­ie sei zu Ende, so Winfrey: „Their time is up!“

Dass sich aller Verlautbar­ungen zum Trotz unter den nominierte­n Produktion­en mit Greta Gerwigs Regiedebüt Lady Bird nur ein einziger Film aus der Hand einer Regisseuri­n fand, spricht jedoch eine andere Sprache. Nämlich jene, dass die Debatte noch lange nicht dort angekommen ist, wo sie geführt werden sollte.

Hundert Jahre sind mittlerwei­le durchs La La Land gezogen, seitdem sich die Schauspiel­erin Mary Pickford als Produzenti­n die völlige Gestaltung­sfreiheit ihrer Filme sicherte. Geändert hat sich in dieser Hinsicht bis heute erstaunlic­h wenig. Soll heißen: Es wäre Zeit, den Brandreden und Beteuerung­en für ein Millionenp­ublikum auch Taten folgen zu lassen. Dort wo niemand hinschaut.

Wer auch immer die Leute der Hollywood Foreign Press sind – sie haben es zu einer Frau als Präsidenti­n geschafft. Frances McDormand Ich will, dass alle Mädchen, die jetzt zuschauen, wissen, dass ein neuer Tag anbricht. Oprah Winfrey

 ??  ?? Mit einer eindrucksv­ollen Rede sorgte Oprah Winfrey bei der 75. Ausgabe der Golden-Globe-Verleihung für Aufsehen und Standing Ovations. Die Preise für die besten Kinofilme und TV-Serien, traditione­ll als OscarBarom­eter gewertet, standen ganz im Zeichen der #MeToo-Debatte. „Their time is up!“, so Winfrey über die ihre Machtmissb­rauchenden­Männer Hollywoods. Neben der Entertaine­rin, die als erste Schwarze mit dem Ehrenpreis gewürdigt wurde, erhielten u. a. Sterling K. Brown als erster Afroamerik­aner und Aziz Ansari als erster Darsteller asiatische­r Abstammung goldene Schauspiel­ertrophäen.
Mit einer eindrucksv­ollen Rede sorgte Oprah Winfrey bei der 75. Ausgabe der Golden-Globe-Verleihung für Aufsehen und Standing Ovations. Die Preise für die besten Kinofilme und TV-Serien, traditione­ll als OscarBarom­eter gewertet, standen ganz im Zeichen der #MeToo-Debatte. „Their time is up!“, so Winfrey über die ihre Machtmissb­rauchenden­Männer Hollywoods. Neben der Entertaine­rin, die als erste Schwarze mit dem Ehrenpreis gewürdigt wurde, erhielten u. a. Sterling K. Brown als erster Afroamerik­aner und Aziz Ansari als erster Darsteller asiatische­r Abstammung goldene Schauspiel­ertrophäen.
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Als einzige Regisseuri­n eines nominierte­n Films durfte Greta Gerwig die Trophäe für „Lady Bird“hoffentlic­h mit nach Hause nehmen – empfangen aus der Hand ihres Produzente­n.

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