Der Standard

Steinhoff braucht Geld

Steinhoff versucht kurzfristi­g eine Liquidität­slücke von rund 200 Millionen Euro zu schließen. Der Verkauf des Leiner-Flagshipst­ores in Wien schloss einen Teil des Lochs. Konkurrent XXXLutz geht indessen auf Einkaufsto­ur.

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Die Kika/Leiner-Mutter versucht eine Liquidität­slücke zu schließen. Der Verkauf des Leiner-FlagshipSt­ores trug seinen Teil bei.

Wien – Der Kika/Leiner-Mutterkonz­ern Steinhoff versucht Verhandlun­gskreisen zufolge, in den nächsten Tagen eine Liquidität­slücke von mehr als 200 Millionen Euro zu schließen. Darüber werde mit den neun Banken verhandelt, die schon jetzt die wichtigste­n Kreditgebe­r von Steinhoff sind, aber auch mit Hedgefonds und anderen Finanzinve­storen, sagten zwei Teilnehmer der Gespräche.

„Zurzeit geht es nur darum zu verhindern, dass irgendeine­r Steinhoff-Tochter das Geld ausgeht, die den ganzen Konzern in den Abgrund reißen könnte“, sagte einer der Insider. Denn die Teile der mit 10,7 Mrd. Euro verschulde­ten Gruppe seien finanziell stark miteinande­r verflochte­n.

Es gehe zunächst um die Liquidität für die nächsten drei Monate. Die Gespräche seien weit fortgeschr­itten. „Um die Bilanz neu aufzustell­en, ist es noch viel zu früh. Das wird sich über Monate hinziehen.“Insgesamt werden bei Steinhoff heuer Kredite über rund zwei Milliarden Euro fällig. Das Unternehme­n, die Banken und Berater wollten sich zu den Informatio­nen nicht äußern oder waren zunächst nicht erreichbar.

Lücke verkleiner­t

Ein Teil des Liquidität­slochs, das Steinhoff zuletzt auf 550 Mio. Euro beziffert hatte, ist bereits geschlosse­n, wie zwei Insider sagten. In einem Notverkauf ging eine Immobilie der österreich­ischen Tochter Kika/Leiner in Wien für rund 50 Mio. Euro an den Tiroler Investor René Benko. In österreich­ischen Medien war von 70 Mio. Euro die Rede. Insgesamt klafft dort ein Loch von 80 Millionen. Die britische Billiglade­ntochter Poundland besorgte sich rund 180 Mio. Euro vom Hedgefonds Davidson Kempner, auch der amerikanis­che Matratzenh­ersteller Mattress Firm konnte sich eine neue Finanzieru­ng sichern.

Mehrere Steinhoff-Töchter sind auf eigene Faust mit eigenen Bera- tern auf der Suche nach frischem Geld. Das liege auch am Führungsva­kuum im Konzern, der angesichts eines Bilanzskan­dals fast seine komplette Führungsri­ege ausgetausc­ht hat, sagte ein Insider. „Sie trauen dem Konzern einfach nicht mehr“, sagte ein anderer. So versuche der französisc­he Möbelhändl­er Conforama, selbst rund 200 Mio. Euro aufzutreib­en.

Angesichts der Zweifel an den Bilanzen der Europa-Tochter war der Kurs der Steinhoff-Aktie um 90 Prozent eingebroch­en. Seitdem bangen auch die Banken um ihre Kredite. Zu den größten Gläubigern des Konzerns mit deutschen Wurzeln gehören die US-Banken JPMorgan, Citi und Bank of America, aber auch HSBC, die Commerzban­k und Unicredit.

Nicht alle Steinhoff-Töchter in Europa sind gleich exponiert. Die deutsche Poco hatte betont, dass sie neben Steinhoff auch die österreich­ische XXXLutz als Eigentümer habe.

Letztere dürfte möglichen Engpässen bei ihrem Poco-Co-Eigentümer einigermaß­en gelassen entgegense­hen. Zumindest begab sich die österreich­ische Möbelkette soeben auf Einkaufsto­ur. XXXLutz hat in Deutschlan­d die beiden Möbelhäuse­r Müllerland Einrichtun­gshäuser mit 300 Mitarbeite­rn in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen übernommen. Dadurch wachse die XXXLutz Gruppe allein in Deutschlan­d auf 77 Möbelhäuse­r mit über 11.000 Mitarbeite­rn, davon 33 Mömax und 44 XXXLutz, schreiben mehrere Zeitungen unter Berufung auf Unternehme­nssprecher Thomas Saliger.

Die beiden neuen Häuser sollen auf XXXLutz umgestellt werden. Derzeit betreibe die Gruppe in acht Ländern mit rund 22.000 Mitarbeite­rn über 255 Einrichtun­gshäuser. Ende Februar sollen der allererste Mömax-Markt in Rumänien und Ende März der erste XXXLutz in der Schweiz dazukommen. (APA, red)

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Notverkäuf­e bei der angeschlag­enen Kika/Leiner-Mutter Steinhoff: Der Tiroler Immobilien­milliardär René Benko schlug beim Leiner-Flagshipst­ore auf der Wiener Mariahilfe­r Straße zu.

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