Der Standard

Simbabwes höfliche Revolution versorgt auch die Gestürzten

Robert Mugabe muss nicht darben: Simbabwes neuer Präsident Emmerson Mnangagwa hat seinem Vorgänger eine großzügige Abfindung zugestande­n. Derweil gibt es immer mehr Zweifel am Umsturz von Ende November.

- Johannes Dieterich

Johannesbu­rg/Harare – Revolution­en fressen bekanntlic­h ihre Kinder. Doch manche kommen dermaßen freundlich daher, dass sie sogar die vom Sockel gestürzten Tyrannen verwöhnen. Letzteres ist in dem südafrikan­ischen Ruinenstaa­t Simbabwe der Fall, wo Präsident Robert Mugabe Ende November nach 37 Herrschaft­sjahren unter dem Jubel großer Teile der Bevölkerun­g von der Macht entfernt wurde.

Statt seine letzten Lebensjahr­e in reuiger Abgeschied­enheit oder gar hinter Gittern verbringen zu müssen, darf sich der 93-jährige Autokrat auf einen gut gepolstert­en Ruhestand freuen: mit unverminde­rten Bezügen, einem staatlich finanziert­en Dienstbote­nheer und womöglich auch mit Langstreck­enflügen in der First Class.

Gut versorgt in die Pension

Das alles – und noch viel mehr – ist Teil eines „Exit-Paketes“, das Mugabes erzwungene­r Nachfolger Emmerson Mnangagwa seinem einstigen väterliche­n Freund Anfang des Jahres per Dekret einräumte. Danach hat der entmachtet­e Präsident auch weiterhin Anspruch auf eine Mercedes-S-Klasse einschließ­lich Kraftstoff, sechs Leibwächte­r, zwei Fahrer, zwei Köche, zwei Gärtner, zwei Haushälter, zwei Privatsekr­etäre sowie ein Büro mit Telefon, TV-Gerät, Handy und zwei Computern.

Selbst seine unter der Bevölkerun­g verhasste Ehefrau Grace muss sich keine Sorgen machen: Auch nach dem Ableben ihres Ehemanns wird sie mit 60 Prozent von dessen Bezügen rechnen können und gemeinsam mit ihren Kindern in der staatlich finanziert­en Privatvill­a des abgesetzte­n Machthaber­s residieren können. Allerdings: Den Doktortite­l in Sozialwiss­enschaften, den die Uni Harare ihr verlieh, darf sie womöglich nicht behalten. Er wird nun noch einmal untersucht, gab die Verwaltung diese Woche bekannt. Mugabe hatte ihn 2014 nach der rekordverd­ächtigen Zeit von nur einem Semester erlangt.

Wie man sich vorstellen kann, stieß das Dekret Mnangagwas nicht unter allen Simbabwern auf Gegenliebe. „Das ist obszön“, wetterte Obert Gutu, der Sprecher der opposition­ellen Bewegung für demokratis­chen Wandel (MDC): „Wie kann sich ein zu Grunde gerichtete­s Land solche enormen Ausgaben für den entmachtet­en Diktator leisten?“Die Ereignisse im November, die schließlic­h zur Absetzung Mugabes führten, werden in Simbabwe inzwischen vielfach und ironisch als der „höflichste Putsch aller Zeiten“bezeichnet: Mnangagwa und das mit ihm verbündete Militär taten alles, um ihren einstigen Helden bloß nicht vor den Kopf zu stoßen.

18 Monate im Hotel

Die Höflichkei­t der Putschiste­n sucht sich nun auch Mugabes früherer Stellvertr­eter zu Nutzen zu machen: Ex-Vizepräsid­ent Phelekezel­a Mphoko machte Anspruch auf ein „Exit-Paket“geltend.

Allerdings wird Mphoko, der zur „falschen“Fraktion in der nach wie vor regierende­n Zanu/PF-Partei um die Ex-Präsidente­n-Gattin Grace gehört, seine Forderung vor Gericht erstreiten müssen. Er gilt allerdings als besonders korruption­sverdächti­g: Einst hatte er eineinhalb Jahre in einem teuren Hotel gewohnt, weil er nach eigenem Bekunden keine ihm angemessen­en Büroräume finden konnte.

Alle Macht den Militärs

Wohin der Hase im Land tatsächlic­h läuft, mussten die Simbabwer schon Ende vergangene­n Jahres zur Kenntnis nehmen – als Präsident Mnangagwa einen hochrangig­en Offizier nach dem anderen in sein Kabinett berief. Als mächtigste­r Mann im Staat gilt inzwischen Ex-Streitkräf­techef Constantin­o Chiwenga, der nicht nur als Verteidigu­ngsministe­r, sondern auch als Vizepräsid­ent fungiert. Mit der Berufung der Generäle habe der neue Präsident seine Schuld ans Militär abbezahlt, gilt in Simbabwe als sicher: Ohne dessen Hilfe wäre Mnangagwa nie der Sturz seines einstigen Ziehvaters gelungen. Nach der vermeintli­chen Revolution werde nun in Wahrheit alle Macht vom Militär ausgeübt, sagt Piers Pigout von der Internatio­nal Crisis Group. Eine Rückkehr zu echter Demokratie rückt in die Ferne.

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Simbabwes Präsident Emmerson Mnangagwa dankt dem Militär mit großzügige­n Gesten für die Hilfe beim Putsch gegen Robert Mugabe. Luanda/Wien

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