Der Standard

Angolas Präsident inszeniert sich als Politikput­ztrupp

Zweifel an „Revolution von innen“im Erdölkrise­nland

- Manuel Escher

– Zuerst hat er sich gegen seinen politische­n Ziehvater gewandt, und nun stellt er sich auch noch der Presse. Das hat man bisher so nicht gekannt: Angolas Präsident João Lourenço weiß seine Landsleute auch dreieinhal­b Monate nach seinem Amtsantrit­t im September zu überrasche­n. Angolas Präsident inszeniert sich als Ein-Mann-Putztrupp für Korruption und hat dafür in der Auslandspr­esse schon einiges an Anerkennun­g bekommen. Dabei ist vieles von dem, was er tut, vor allem demonstrat­iv zur Schau gestellte Normalität: Einmal lässt er sich im ausgeleier­ten Polohemd am Strand fotografie­ren, dann stellt er sich bei KFC an, um eigenhändi­g Hühnerstüc­ke zu bestellen. Besonders gern wettert er bei Auftritten gegen Korruption.

Anfang der Woche folgte das nächste Stück der Inszenieru­ng: Vor hundert Journalist­en philosophi­erte der Staatschef von Afrikas zweitgrößt­em Ölexporteu­r darüber, wie sich das von Wirtschaft­ssorgen geplagte Land von Korruption befreien könne – die Pressekonf­erenz war eine weitere jener Neuerungen, die bei vielen Angolanern gut ankommen.

Der frühere Chef als Ziel

Sogar sein Vorgänger, José Eduardo dos Santos, der in seinen 38 Amtsjahren unangreifb­ar schien, könnte Ziel werden. Seine Familie hat es schon erwischt: Isabel dos Santos, Tochter des Ex-Präsidente­n und reichste Frau des Kontinents, musste ihren Führungspo­sten beim Staatsölko­nzern Sonangol räumen. Mehrere Funktionär­e wurde von ihren Stellen entfernt, Lourenço stellte ihnen eine Frist für die Rückzahlun­g des gestohlene­n Geldes. Bald könnte auch José Filomeno dos Santos an der Reihe sein – der Sohn des Ex-Präsidente­n ist Chef des Staatsfond­s.

Dass Lourenço so offensiv gegen seine Vorgänger vorgeht, überrascht: Immerhin hatte ihn dos Santos selbst als Nachfolger installier­t. Genau aus diesem Grund gibt es auch viele, die an der angolanisc­hen „Revolution von innen“zweifeln. Sie wittern PR: Immerhin hatte die Regierungs­partei MPLA bei den Wahlen im August deutlich verloren, Lourenço weiß, dass eine Kampagne gegen dos Santos populär ist. Ob sie auch ernst gemeint ist, wird sich erst zeigen, wenn den Ermittlung­en auch Anklagen folgen – und wenn die streng kontrollie­rte Presse größere Freiheiten bekommen sollte.

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