Familienbonus nur im Inland: Juristen skeptisch
Die Koalition rühmt sich für ihren Familienbonus. Der Vizekanzler sieht darin gar die größte Familienentlastung der Republik. Wie Geringverdiener entlastet werden, ist aber noch unklar.
Wien – Zu Beginn erst einmal ein Loblied auf das Elterntum. Niemand leiste so viel für die Gesellschaft wie jene, die „nicht nur arbeiten, sondern auch Kinder haben“, verkündet Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Deshalb bedanke man sich nun mit einer Reform, die Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) als „größte familienpolitische Entlastung in der Geschichte Österreichs“rühmt.
Es geht um den Familienbonus, einen Steuerabsetzbetrag von bis zu 1500 Euro. Am Mittwoch wurde er im Ministerrat beschlossen.
Nicht alles läuft so glatt, wie ÖVP und FPÖ es sich wünschen. Dass der Bonus nur im Inland lebenden Kindern zugutekommen soll, dürfte wohl nur ein frommer Wunsch der türkis-blauen Koalition sein. Experten halten das Ansinnen, den Bonus auf in Österreich lebende Kinder zu beschränken, für wenig realistisch.
Schließlich gelte auch in Österreich das durch eine EU-Richtlinie verankerte Prinzip, dass Arbeitskräfte aus anderen EU-Ländern hier in Bezug auf Steuerrecht und Sozialleistungen gleichgestellt werden müssen. Ausnahmen sind nur in ganz wenigen Fällen möglich. „Ich sehe hier keinen Rechtfertigungsgrund“, sagt Europarechtler Walter Obwexer von der Universität Innsbruck zum STANDARD. Zumal es sich um Menschen handelt, die zuvor ins System eingezahlt haben. Ähnlich argumentiert Europarechtler Franz Leidenmühler von der Uni Linz. Er glaubt, dass die EU-Kommission Österreich schon sehr bald nach Inkrafttreten des Bonus „auf die Finger klopfen wird“– also ein Vertragsverletzungsverfahren anstrengen wird. Im Finanzministerium heißt es dazu nur, man arbeite an einer europarechtskonformen Lösung.
Auch in anderen Punkten bleibt die geplante Familienentlastung einigermaßen vage. Eigentlich hätte die neue Regierung am Mittwoch Details vorlegen wollen, wie sie der Kritik, wonach der geplante Familienbonus arme Familien benachteilige, begegnen will. Wer sich vom Pressefoyer nach dem Ministerrat Konkretes erwartete, wurde jedoch enttäuscht.
Für Geringverdiener werde es eine Anhebung des Alleinerzieherabsetzbetrags und des Alleinverdienerabsetzbetrags geben, erklärte Kurz. Wie hoch diese Anhebung sein wird, ist aber offen. Zudem kommen Absetzbeträge in der Regel nur jenen Eltern zugute, die überhaupt steuerpflichtig sind. Werden Familien unter der Steuergrenze also leer ausgehen? „Man kann auch Absetzbeträge negativ wirken lassen“, sagte Kurz. Finanzminister Hartwig Löger hatte sich zuvor jedoch gegen eine Negativsteuer ausgesprochen.
Ein Sprecher von Familienministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) weist auf Anfrage des STANDARD darauf hin, dass der Alleinverdienerabsetzbetrag grundsätzlich schon jetzt negativsteuerfähig sei – es sei also denkbar, auch künftig mit einem solchen Zuschuss zu hantieren. Für Detailauskünfte verweist das Familienministerium auf das Finanzministerium, dort war eine Stellungnahme bis dato nicht zu erhalten.
Wie und ob nichtsteuerpflichtige und nichtalleinerziehende Doppelverdienende entlastet werden sollen, ist ebenfalls offen.
Auf die Kritik der Studierendenvertreter, dass der Familienbonus – er beträgt wie berichtet bis zu 1500 Euro – künftig nur bis 18 ausbezahlt wird, hat die Bundesregierung reagiert. Man werde für Kinder über 18 Jahren einen reduzierten Absetzbetrag von 500 Euro vorsehen, heißt es. Die Hochschülerschaft (ÖH) stimmt das nicht milde. Die Bundesregierung habe vor, Studierende im Vergleich zu minderjährigen Kindern „massiv zu benachteiligen“, kritisiert eine Sprecherin. „Es ist absurd, bei höherem finanziellem Aufwand weniger Unterstützung vorzusehen.“
Unklar ist auch, wie getrennt lebende Eltern vom Familienbonus profitieren werden. Die Änderungen im Unterhaltsrecht arbeite man derzeit aus, heißt es. Details gibt es – noch keine.