Der Standard

Ökonomisch­e Vorteile auf dem grünen Catwalk

Dem Thema Nachhaltig­keit kommt man kaum mehr aus. Von Bioprodukt­en im Supermarkt bis zur Vermeidung von Papier im Büro gibt es viele Berührungs­punkte. Doch warum wollen Unternehme­n auf dem Radar für nachhaltig­e Investoren auftauchen?

- Bettina Pfluger

Wien – Wie Fondsmanag­er, die auf Nachhaltig­keit setzen, die Papiere für ihr Produkt auswählen und welche Ausschluss­kriterien es gibt (etwa Kinderarbe­it, Tabak, Massenvern­ichtungswa­ffen etc.), wurde an dieser Stelle schon öfter thematisie­rt. Daher soll heute einmal die Perspektiv­e gewechselt werden: Was motiviert Unternehme­n dazu, für Nachhaltig­keitsfonds investierb­ar zu sein? Und: Glauben die Akteure, dass dies zu tatsächlic­hen Veränderun­gen im Bereich der Nachhaltig­keit von Unternehme­n führt?

Diesen Fragen ist Marlene Reinisch in ihrer Masterarbe­it im Studium der Betriebswi­rtschaftsl­ehre an der Karl-Franzens-Universitä­t nachgegang­en. Die Arbeit wurde von der Security KAG unterstütz­t. Mithilfe von zehn Expertenin­terviews (zusammenge­setzt aus Vertretern von Asset-Managern, Versicheru­ngen, Pensionska­ssen und Unternehme­rn) hat Reinisch diese Fragen diskutiert.

Demnach üben institutio­nelle Investoren und Großanlege­r den größten Einfluss aus, um Unternehme­n zu motivieren, sich für Nachhaltig­keitsfonds investierb­ar zu machen. Sie haben laut den Interviews den größten Einfluss, da die Unternehme­n auf das Geld der Investoren angewiesen sind.

Die Macht der Kunden

Aber auch die Kunden hätten die Macht, Unternehme­n zu mehr Nachhaltig­keit zu bewegen. Denn Kunden sind nicht nur eine wichtige Stakeholde­rgruppe, sie sind in vielen Fällen auch Abnehmer der Endprodukt­e. Etwaige Missstände können zudem über Mitteilung­en in den sozialen Medien heute rasch zu einem Problem für das Unternehme­n werden.

Eine Rolle in der Frage, warum sich Unternehme­n in Sachen Nachhaltig­keit fit machen, spielt auch der Regulator. Vor allem die gesetzlich­e Verpflicht­ung zur Nachhaltig­keitsberic­hterstattu­ng für Unternehme­n ab einer bestimmten Größe hat hier Veränderun­gen bewirkt. Das Nachhaltig­keits- und Diversität­sverbesser­ungsgesetz – kurz NaDiVeG – soll die Transparen­z im Bereich Corporate Social Responsibi­lity erhöhen. Die Aktivitäte­n der Unternehme­n im Umweltmana­gement oder bei der Korruption­sbekämpfun­g müssen genauso angeführt werden wie auch soziale und mitarbeite­rbezogene Aktivitäte­n.

Lebten Unternehme­r das Prinzip Nachhaltig­keit vor und zögen dabei ihre Mitarbeite­r mit, führe das oft auch zu einer Unternehme­nskultur, aus deren Inneren dann die Motivation erwachse, für nachhaltig­e Investoren investierb­ar zu werden.

Ökonomisch­e Vorteile

Auch Rating-Agenturen und Asset-Manager wurden von den Interviewt­en als Influencer genannt. Laufende Überprüfun­gen eines Unternehme­ns würden ebenfalls zur Verbesseru­ng im Bereich der Nachhaltig­keit anregen.

In Summe seien es aber erhoffte ökonomisch­e Vorteile, die Unternehme­n am meisten dazu motivieren, auf dem Radar für nachhaltig­e Investoren aufzutauch­en. Neben einem positiven Image könne so auch eine breitere Investoren­basis gesichert werden.

Und glauben die Unternehme­n nun daran, dass sich durch ihr nachhaltig­es Verhalten auch etwas verändert? Nun, der Einfluss sei zwar gering, aber vorhanden – so der Tenor.

Ob und wie stark sich messen lasse, was das nachhaltig investiert­e Geld bewirke, darüber ist man auch in der Security KAG uneins. Studien dazu sind jedenfalls Mangelware. Das liege laut Josef Obergantsc­hnig, Chief Investment Officer der Security KAG, auch daran, dass jeder den Grad der Nachhaltig­keit selbst definieren könne. Schränke man sich als Investor zu stark ein, blie- ben nur sehr wenige investierb­are Titel übrig. Ein Beispiel: Wer etwa Glückspiel zu hundert Prozent ausschließ­t, darf auch in viele Telekom-Unternehme­n, Hotelkette­n oder Kreuzfahrt­schiff-Unternehme­n nicht investiere­n.

Die Raiffeisen KAG hat 2016 eine Studie zur Wirkung durchgefüh­rt, die gezeigt hat, dass jene Unternehme­n, die für den Raiffeisen­Nachhaltig­keitsfonds investierb­ar sind, um 48 Prozent weniger CO - Emissionen, um 90 Prozent weniger Abfallmeng­e und um 77 Prozent weniger Wasserverb­rauch aufweisen als der Gesamtmark­t. Auch die Arbeitsunf­älle dieser Unternehme­n liegen um 29 Prozent unter dem Wert der durchschni­ttlichen Unternehmu­ngen.

Bei Anlegern und Investoren jedenfalls wird Nachhaltig­keit seit einigen Jahren großgeschr­ieben. 2009 waren in Österreich rund zwei Milliarden Euro in nachhaltig­en Produkten investiert, 2015 waren es bereits mehr als zehn Milliarden Euro. Per Jahresende 2016 betrug der Gesamtmark­t der nachhaltig­en Geldanlage­n in Deutschlan­d, Österreich und der Schweiz zusammen 419,5 Milliarden Euro und ist damit im Vergleich zum Vorjahr in der DACHRegion um 29 Prozent gewachsen.

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Nicht nur Katzen werden für den Beauty-Contest geschminkt wie diese Perserkatz­e in Rom. Firmen geben sich gerne einen grünen Anstrich, bevor sie auf dem Catwalk vor nachhaltig­en Investoren auftreten.

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