Der Standard

Kein Stabilität­sausweis

- Anna Giulia Fink

Das Treffen war auch der Versuch, alle Seiten davon zu überzeugen, dass der mächtigste Mann der Welt sehr wohl in der mentalen Verfassung ist, sein Land zu führen. Es ist die unrühmlich­e Frage, die den US-Präsidente­n seit seinem Amtsantrit­t beschäftig­t und die seit den vorab veröffentl­ichten Passagen aus dem Enthüllung­sbuch Fire and Fury erneut im Raum steht.

Dem Vorwurf, dass Donald Trump die geistige Eignung fehle, wollte dieser entgegentr­eten, als er am Dienstag die Spitzen beider Parteien empfing, um eine neue gesetzlich­e Regelung für die „Dreamers“zu finden – jene 700.000 in den USA lebenden Migranten, die einst als Kinder illegal ins Land gekommen sind. Doch während Trump mit betonter Zurückhalt­ung versuchte, die Zweifel an seiner Amtsfähigk­eit aus der Welt zu schaffen, warf er eher noch mehr auf: Wie in aller Welt soll dieses Regelwerk, das er „Gesetz der Liebe“nennt, aussehen?

Wohlüberle­gt erschien sein Auftritt jedenfalls nicht. Nach der konfusen Sitzung bleibt unklar, wie der Präsident nun zu den „Dreamers“steht. Den Demokraten kam er streckenwe­ise entgegen. Kurz danach folgte ein Urteil, das Trumps ursprüngli­che Pläne durchkreuz­te, den „Dreamers“den Schutzstat­us zu entziehen. Das Thema ist emotional aufgeladen, auch Barack Obama und George W. Bush haben sich daran die Zähne ausgebisse­n. Trumps scharfe Rhetorik steht immer noch im Gegensatz zu seinem tatsächlic­hen Handeln.

Das hat ihm schon einmal geschadet. Seine rechte Basis ging im Sommer auf die Barrikaden, als er den Demokraten Kooperatio­nsbereitsc­haft signalisie­rte. Auch diesmal warnte die rechtskons­ervative Publizisti­n Ann Coulter, die „Dreamers“-Frage berge größere Sprengkraf­t als Steve Bannons Tiraden in Fire and Fury. Den Streit mit Bannon mag Trump gewonnen haben, nachdem Bannon nun auch die Plattform fehlt. Jener um die Kernwähler ist noch offen.

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