Der Standard

Niederöste­rreich: ÖVP muss um absolute Mehrheit bangen

Die Erwartunge­n an Johanna Mikl-Leitner und ihre niederöste­rreichisch­e ÖVP, an die Erfolge der Ära Erwin Pröll anzuschlie­ßen, sind hoch – doch die Market-Umfrage für den Standard legt nahe, dass sie erfüllt werden können.

- Conrad Seidl

St. Pölten / Wien – Laut aktueller Market-Umfrage für den Standard sind 54 Prozent der niederöste­rreichisch­en Wahlberech­tigten der Ansicht, dass sich ihr Land in die richtige Richtung entwickle, nur 21 Prozent – darunter viele SP- und Grün-Wähler – sehen eine Entwicklun­g in die falsche Richtung.

Vor der letzten Landtagswa­hl 2013 sahen zwar ähnlich viele Befragte eine positive, aber 35 Prozent eine dezidiert negative Entwicklun­g (der jeweilige Rest machte keine Angabe). Der damalige Landeshaup­tmann Erwin Pröll hat jedenfalls stärker polarisier­t als Amtsinhabe­rin Johanna Mikl-Leitner.

Die Market-Hochrechnu­ng zeigt – zwei Wochen vor dem Wahltag – einen komfortabl­en Vorsprung der ÖVP mit 46 Prozent. Ob sich damit eine Mandatsmeh­rheit ausgeht, ist aber unsicher. Die SPÖ kommt auf 24 Prozent (gegenüber zuletzt 21,6), die FPÖ verdoppelt sich glatt von 8,2 auf 17 Prozent, die Neos würden erstmals sechs, die Grünen fünf (zuletzt 8,1) Prozent erreichen. Zwei Prozent blieben für Kleinparte­ien. (red)

In einem Punkt ist die seit April amtierende Landeshaup­tfrau von Niederöste­rreich ihrem Amtsvorgän­ger ganz klar unterlegen: Ihr wird weniger Einfluss auf die Bundespoli­tik zugetraut. Das ist darin belegt, dass die LandesÖVP keinen einzigen Minister mehr stellt – und es fällt auch in der aktuellen Market-Umfrage für den Standard auf.

Der Standard ließ fragen: „Wenn Sie Johanna Mikl-Leitner mit ihrem Vorgänger Erwin Pröll vergleiche­n: Wer hat in der Bundespoli­tik mehr Gewicht und Einfluss gehabt?“Darauf nannten 72 Prozent Pröll und nur drei Prozent Mikl-Leitner.

Dazu muss man sich aber die Frage stellen, wie wichtig es überhaupt ist, dass ein Landeshaup­tmann Bundespoli­tik macht – Market stellte auch diese Frage und bekam von 63 Prozent die Antwort, dass der Landeshaup­tmann oder die Landeshaup­tfrau sich um die Angelegenh­eiten im Land kümmern soll, ohne sich von der Bundespoli­tik ablenken zu lassen.

Nur 26 Prozent vertreten die Gegenthese, „dass es wichtig ist, dass der Landeschef in der Bundespoli­tik mitmischt, um dem Land mehr Bedeutung zu verschaffe­n“. Erklärte ÖVP-Wähler und Befragte, die Erwin Pröll insgesamt für die bessere Person an der Spitze des Landes halten, finden bundespoli­tisches Engagement wichtig.

Pröll wirkt nach

Market-Institutsl­eiter David Pfarrhofer analysiert: „Pröll wirkt noch in gewisser Weise nach, 30 Prozent glauben, dass er besser war als seine Nachfolger­in. Allerdings sehen 40 Prozent beide für gleich gut an und acht Mikl-Leitner als besser. Sie ist ein anderes politische­s Angebot – und das wird weitgehend geschätzt.“

In der fiktiven Landeshaup­tmann-Direktwahl­frage kommt die neue Landeschef­in auf 38 Prozent – sie punktet besonders bei weiblichen, höher gebildeten und älteren Wahlberech­tigten. Und: 87 Prozent der erklärten ÖVP-Wähler stehen hinter der Spitzenkan­didatin – in keiner anderen Partei sind die Gefolgscha­ften so dicht. SPÖ- Spitzenkan­didat Franz Schnabl kommt insgesamt nur auf 13 Prozent – in seiner eigenen Parteiwähl­erschaft sind es auch nur 52 Prozent. Dagegen sagt jeder siebente SPÖ-Anhänger, dass er oder sie in einer Direktwahl für die ÖVP-Kandidatin Mikl-Leitner stimmen würde.

Ähnlich wenig geschlosse­n stehen die Freiheitli­chen hinter ihrem Spitzenman­n Udo Landbauer. Insgesamt würden sieben Prozent der Wahlberech­tigten Landbauer direkt wählen, vier Prozent die Grüne Helga Krismer und zwei Prozent Neos-Spitzenkan­didatin Indra Collini.

Bei einer anderen Fragestell­ung antworten 26 Prozent der Befragten ausdrückli­ch, dass sie es als erwünschte Wahlfolge betrachten, dass Mikl-Leitner Landeshaup­tfrau bleibt. 43 Prozent wünschen „klare Verhältnis­se nach der Wahl“(eines der Wahlziele der ÖVP) – nur elf Prozent wünschen sich, dass andere Parteien stark genug würden, um einen anderen Landeshaup­tmann zu stellen.

Schwierige Prognose

Die Market-Hochrechnu­ng zeigt – zwei Wochen vor dem Wahltag, aber erst eine Woche nach Wahlkampfs­tart – einen komfortabl­en Vorsprung der ÖVP mit 46 Prozent. Das wäre über Erwin Prölls erstem Wahlergebn­is 1993 (44,23 Prozent), aber unter seinem letzten 2013 (50,79 Prozent). Die SPÖ kommt auf 24 Prozent (gegenüber zuletzt 21,57), die FPÖ verdoppelt sich glatt von 8,21 auf 17 Prozent, die Neos würden erstmals sechs, die Grünen fünf (zuletzt 8,06) Prozent erreichen. Zwei Prozent blieben für Kleinparte­ien.

Zwei Faktoren machen die Wahlprogno­se schwierig: Zum einen gibt es in dem extrem kurzen Wahlkampf wohl noch Verschiebu­ngen – auch beim letzten Wahlgang hatte Market zwei Wochen vor der Wahl nur 46 Prozent für die ÖVP hochgerech­net. Zum anderen sind in Niederöste­rreich 110.000 Stimmen auf dem Wählermark­t, die 2013 an Parteien gegangen sind, die diesmal nicht antreten.

96.000 dieser Stimmen entfielen damals auf das Team Stronach – das waren 9,84 Prozent. Noch jetzt zeigt die Umfrage, dass zehn Prozent der Wahlberech­tigten glauben, das Team Stronach habe gute Ideen in die Politik gebracht und sei an den anderen Parteien gescheiter­t.

Einfluss der Bundespoli­tik

Der Einfluss der Bundespoli­tik dürfte bescheiden sein – und kaum negativ für ÖVP und FPÖ: Nur zehn Prozent der Niederöste­rreicher wollen der Regierung in Wien einen Denkzettel verpassen (2013 waren es 18 Prozent).

51 Prozent der Niederöste­rreicher halten die türkis-blaue Koalition auf Bundeseben­e ohnehin „alles in allem gut für Österreich“.

 ??  ?? Udo Landbauer (FPÖ), Indra Collini (Neos), Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), Helga Krismer (Grüne) und Franz Schnabl (SPÖ, v. li.): Spitzenkan­didaten bei der ersten Elefantenr­unde.
Udo Landbauer (FPÖ), Indra Collini (Neos), Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), Helga Krismer (Grüne) und Franz Schnabl (SPÖ, v. li.): Spitzenkan­didaten bei der ersten Elefantenr­unde.

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