Der Standard

Von einem Loch berichten

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Wenn Präsidente­n reden wie Pülcher nach der fünften Hülsn, haben auch Journalist­en den Scherm auf. Natürlich, der Berichtspf­licht gilt es nachzukomm­en. Anderseits will man das Publikum nicht gleich auf Seite eins mit Vulgärvoka­bular konfrontie­ren, bei dem es ihm den Appetit auf das morgendlic­he Egg Benedict verdirbt. Diesem Dilemma muss man sich stellen.

Kürzlich hat der Mundl aus Washington, D.C., geruht, alle afrikanisc­hen Staaten zuzüglich Haiti als „shithole countries“zu taxieren. Mehrere US-Zeitungen, auch noble wie die NYT, druckten das „Shithole“mutig ab, bei anderen mutierte es zum „S...hole“. Bei den deutschen Zeitungen flüchteten etliche in das halb diskrete „Drecksloch“, obwohl es ja Trumps Wortwahl angemessen­er gewesen wäre, wenn man die Art des von ihm gemeinten Drecks genau spezifizie­rt hätte.

Man kennt inzwischen weltweit den vulgären Stuss, den Trump von sich gibt. Dennoch zog seine jüngste Wortmeldun­g besonders viele Reaktionen nach sich. In den sozialen Medien posteten beleidigte Loch-Country-Bewohner rührenderw­eise hübsche Ansichten ihrer Länder, um ihr bisschen Stolz zu retten. Trump-Fans dagegen stellten Fotos von extradreck­igen Stränden in Haiti ins Netz, zum Beleg, wie recht ihr Idol doch habe. Es ist, wie der kanadische Mediendenk­er Marshall McLuhan prophezeit hat: Die Welt ist zum „globalen Dorf“geworden. Und nichts fehlt, am wenigsten die Dorfdeppen.

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