Der Standard

Drohungen gegen Papst vor Reise zu Chiles Ureinwohne­rn

Mit Besuchen bei den Ureinwohne­rn Chiles, den Mapuche, sowie im peruanisch­en Regenwald will Papst Franziskus auf seiner am Montag beginnende­n Reise auf dortige Probleme hinweisen. Das ist manchem nicht recht: Im Vorfeld explodiert­en Brandbombe­n.

- Sandra Weiss aus Puebla

Unterworfe­n, versklavt, von Epidemien dahingeraf­ft, diskrimini­ert, verraten – für die Indigenen waren die fünf Jahrhunder­te seit der spanischen Eroberung kein Zuckerschl­ecken. Auch die katholisch­e Kirche hat mit der Evangelisi­erung eine umstritten­e Rolle gespielt, wenngleich Papst Paul III. bereits 1537 in der Debatte, ob Indigene eine Seele hätten und damit auf menschlich­em Niveau stünden, per Bulle eindeutig für die Ureinwohne­r Partei ergriff.

Zwei Jahrzehnte später standen die Indigenen im Disput von Valladolid erneut im theologisc­hen Zentrum, dabei ging es darum, ob sie in ihren Rechten den Europäern ebenbürtig seien. Danach fristeten die Ureinwohne­r auch in der Kirche eher ein folklorist­isches Schattenda­sein.

Papst Franziskus schenkte ihnen aber wieder Aufmerksam­keit im Zusammenha­ng mit seiner Enzyklika Laudato si’, ein Plädoyer zur Bewahrung der Schöpfung. Bei seinem Besuch in Chile und Peru vom 15. bis 21. Jänner werden die Indigenen gleich zweimal Protagonis­ten sein. Nicht alle be- grüßen das. Reibungspu­nkte sind vorprogram­miert, die Sicherheit­sdienste in Alarmberei­tschaft. Denn in Chile explodiert­en am Freitag Brandbombe­n vor mehreren Kirchen in der Hauptstadt Santiago, versehen mit einer eindeutige­n Drohung: „Papst Franziskus, die nächsten gehen unter deiner Soutane hoch.“

Gewalttäti­ge Landkonfli­kte

„Warum will der Papst ausgerechn­et zu den Mapuche?“, fragte sich die konservati­ve chilenisch­e Zeitung El Mercurio. Am Mittwoch wird Franziskus nach Temuco fliegen, eine der ärmsten Regionen Chiles. Dort, im traditione­llen Mapuche-Land Wallmapu, tragen Indigene gewalttäti­g Landkonfli­kte mit Siedlern und Großkonzer­nen aus, weshalb sie als „Terroriste­n“abgestempe­lt und inhaftiert werden.

In Wallmapu widerstand­en die Mapuche der spanischen Eroberung. Ein Friedensve­rtrag sicherte ihnen Kontrolle südlich des BioBio-Flusses zu. Doch Chile marschiert­e ein und verscherbe­lte das Land an Siedler und Investoren.

Ein Zusammentr­effen des Papstes mit gemäßigten Mapuche-Ver- tretern ist vorgesehen – nach Ansicht von Beobachter­n ein Versuch der Kirche, sich als Mittlerin zwischen den Indigenen und dem Staat zu positionie­ren. Schon 1987 war Papst Johannes Paul II. nach Temuco gekommen und hatte um Vergebung für das Unrecht an den Mapuche gebeten.

Franziskus wiederum wird anschließe­nd nach Peru weiterreis­en – und dort als erster Papst den Regenwald besuchen. Dieser liegt ihm besonders am Herzen; deshalb regte er auch die Gründung des Panamazoni­schen Kirchliche­n Netzwerks (Repam) an und berief für 2019 eine Synode bezüglich der Probleme am Amazonas ein.

In Puerto Maldonado, einer konfliktbe­ladenen Goldgräber­stadt, kann Franziskus sowohl die Umweltzers­törung in Augenschei­n nehmen als auch die Folgen des Goldrausch­s. Etwa beim Besuch des Kinderheim­s Principito des Schweizer Priesters Xavier Arbex, wo Waisen und aus der Zwangspros­titution befreite Jugendlich­e Zuflucht finden.

Auch In Puerto Maldonado ist ein Treffen mit Indigenen geplant. „Der Papst hat ein Herz für Amazonien“, sagt der alternativ­e Ökonom Alberto Acosta, „es ist wichtig, dass er sich gegen weitere Ausbeutung des Regenwalds ausspricht.“Das wäre eine eminent politische Stellungna­hme: Die Regierunge­n in Peru und Chile setzen auf Bergbau und Monokultur, um die Wirtschaft anzukurbel­n.

 ??  ?? Die Chilenin Maria Collonao vor ihrem Haus: Wie sie leben die meisten Nachkommen der Ureinwohne­r in Chile und Peru in Armut.
Die Chilenin Maria Collonao vor ihrem Haus: Wie sie leben die meisten Nachkommen der Ureinwohne­r in Chile und Peru in Armut.

Newspapers in German

Newspapers from Austria