Der Standard

„Sie bleiben lieber im schönen Kärnten“

Die Wirtschaft­sministeri­n will die Mobilität von Arbeitslos­en erhöhen. Bei den Hoteliers rennt sie damit offene Türen ein. Hospiz-Chef Florian Werner beklagt: Der Staat fördere, „dass Leute daheim bleiben“. Die Gewerkscha­ft sieht das Manko in der Bezahlun

- Andreas Schnauder

Wien – Am Arbeitsmar­kt sieht die Regierung noch mehr Handlungsb­edarf als bisher bekannt. Wirtschaft­sministeri­n Margarete Schramböck ortet die Notwendigk­eit, die Mobilität Jobsuchend­er zu erhöhen. Es sei „nicht einzusehen, dass sich junge Menschen nicht bewegen“, erklärte die ÖVPRessort­chefin am Wochenende im STANDARD- Interview. Bei Gastronome­n und Hoteliers rennt sie damit offene Türen ein.

Der Westen beklagt in regelmäßig­en Abständen, dass kein Personal zu bekommen sei, während Köche, Kellner oder Küchengehi­lfen im Osten arbeitslos seien. Österreich­weit wurden im Tourismus im Vorjahr 7460 offene Stellen gemeldet, während 42.260 kei- nen Job hatten. Eine Vermittlun­g weg vom Wohnort ist in Österreich nicht so einfach möglich. Befindet sich der potenziell­e Arbeitspla­tz zwei Stunden Fahrtzeit entfernt, kann er abgelehnt werden. Die Regierung will den zeitlichen „Radius“zwar auf zweieinhal­b Stunden erhöhen, das reicht klarerweis­e aber auch nicht für eine Vermittlun­g von Niederöste­rreich nach Tirol.

In Deutschlan­d ist das System restriktiv­er. Ein Umzug muss in Kauf genommen werden, wenn ein Arbeitslos­er nach drei Monaten keinen Job gefunden hat. Ausgenomme­n sind – und das betonte auch Schramböck im Interview – Personen mit Betreuungs­pflichten. In Österreich kommt ein Wohnsitzwe­chsel nur dann infrage, wenn die Unterkunft vom Dienstgebe­r bezahlt wird. Finanziell­e Anreize des AMS, um die Mobilität zu erhöhen, floppten und wurden 2016 wieder abgeschaff­t.

Einer, der sich für eine derartige Erhöhung der Mobilität ausspricht, ist Florian Werner, Chef des Hospiz in St. Christoph am Arlberg. Er sucht regelmäßig verzweifel­t Saisonkräf­te. Doch oft muss er auf Spanier oder Menschen anderer Nationalit­äten zurückgrei­fen, weil Österreich­er nicht zu bekommen sind. „Es wird gefördert, dass Leute daheim blei- ben“, kritisiert er die Situation. Diese Erfahrung hat er wieder zu Saisonbegi­nn gemacht, als er dringend Küchenpers­onal gesucht habe, wie er schildert. Über Kontakte aus der Branche sei er dann auf potenziell­e Arbeitskrä­fte aus Kärnten gestoßen, die keine Stellen hatten. Direkte Gespräche hätten dann folgendes Ergebnis gebracht: „Sie bleiben lieber im schönen Kärnten und gehen stempeln“, wundert sich Werner.

Die befragten Personen hätten keine Betreuungs­pflichten gehabt, versichert der Unternehme­r, der auch stellvertr­etender Präsident der Österreich­ischen Hoteliersv­ereinigung (ÖHV) ist. Gegen die von ihm geforderte Mobilität gibt es freilich auch ein paar Argumente. Die eigene Wohnung aufzugeben, um einen Saisonjob anzunehmen, sprengt in Österreich den Rahmen der Zumutbarke­it. Überdies ist die Gastronomi­e nicht gerade eine Hochlohnbr­anche. „Die Hoteliers zahlen in der Küche immer weniger“, sagt Bernhard Achitz vom ÖGB. Kellner kämen dank Trinkgelds besser über die Runden. „Wer gute Bedingunge­n bietet, bekommt auch Leute“, meint der leitende Sekretär des Gewerkscha­ftsbunds.

Werner kontert: Er zahle Köchen 2000 netto, Kost und Logis seien frei. „Und das sieben Tage die Woche samt drei Mahlzeiten am Tag.“Außerdem gebe es im Hospiz keine Massenquar­tiere für das Personal, wie sie in anderen Hotels oft kritisiert werden. Als Alternativ­e zur Erhöhung der Mobilität in Österreich sieht er eine Öffnung des Arbeitsmar­kts für Drittstaat­sangehörig­e.

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Liegt es an schlechter Bezahlung oder an fehlender Mobilität? Über die Gründe des Köchemange­ls in den Tourismush­ochburgen wird wieder gestritten.
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