Der Standard

Schiene und Straße in Italien künftig in einer Hand

Infrastruk­tur soll dank Synergien erneuert werden

- Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand

Italiens Staatsbahn Ferrovie dello Stato FS fusioniert mit der staatliche­n Straßenbau­gruppe Anas. Erst in Schweden und in Portugal hat es derartige Fusionen zwischen Staatsbahn­en und Straßenbau­gesellscha­ften gegeben. Insgesamt entsteht ein Konzern mit einem Schienen- und Straßennet­z von 44.000 Kilometern und 11,2 Mrd. Euro Umsatz, 81.000 Beschäftig­ten und geplanten Investitio­nen von heuer acht Mrd. Euro.

In den kommenden zehn Jahren sollen 108 Mrd. Euro investiert werden. Nachdem die Regierung kurz vor Jahresende das „Fusionsdek­ret“verabschie­det und FS bereits eine knapp drei Mrd. Euro schwere Kapitalerh­öhung angekündig­t hatte, sollen in dieser Woche die Wettbewerb­shüter grünes Licht für den Giganten geben.

Vorerst wird Anas in die FS integriert. Anas wurde bisher vom Wirtschaft­s- und Finanzmini­sterium (MEF), die Staatsbahn­en vom Ministeriu­m für Infrastruk­turen und Transporte (MIF) kontrollie­rt. Neuer Eigentümer wird das MIF sein. Transportm­inister Graziano Delrio sieht in der Fusion einen weiteren Schritt, um das Wachstum des Landes zu beschleuni­gen, die Infrastruk­turen zu modernisie­ren und zu internatio­nalisieren. So sollen die Erträge aus internatio­nalen Tätigkeite­n von heute einer Mrd. Euro bis 2028 auf 4,1 Mrd. Euro zunehmen.

Privatisie­rung auf Eis

Vor allem sollen das Intermodal­system ausgebaut und die Qualität des Transports­ystems verbessert werden. Die bereits für das vergangene Jahr vorgesehen­e Privatisie­rung der FS wird nun aufgeschob­en. Die Synergien werden in den kommenden zehn Jahren auf 400 Mio. Euro geschätzt.

Doch Experten zeigen sich skeptisch. „Die Synergie müssen erst bewiesen werden“, meinte Transporte­xperte und Nationalök­onom Marco Ponti von der technische­n Hochschule in Mailand. „Die Fusion entbehrt jeglicher industriel­ler Grundlage.“

Die Frage ist auch, ob und inwieweit die Passagiere von der Fusion profitiere­n. Befürchtet wird, dass auch in Zukunft die Superschne­llverbindu­ngen weiter ausgebaut und modernisie­rt werden, der Pendlerver­kehr jedoch auf der Strecke bleibt. Vor allem in Süditalien hinkt die Effizienz jener in Norditalie­n nach.

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