Architekturkritik im Fernsehen: Ein Rückblick
Dornbirn – Was ist gute Architektur? In den 1980er- und 1990erJahren gab darauf das lokale Fernsehen klare Antworten. Einmal wöchentlich hieß es via Österreich-Bild und später in Vorarlberg heute „Plus-Minus“. Roland Gnaiger, heute Architekturprofessor, damals junger Architekt, präsentierte in 151 Beiträgen Positiv- und Negativbeispiele von Bauwerken. Er sprach Klartext, pointiert und für Laien verständlich. Begriffe wie Zersiedelung, Verhüttelung, Landschaftsverbrauch, Flächenfraß wurden Herrn und Frau Vorarlberger, bekanntermaßen leidenschaftliche Hüslebauer, dadurch geläufig.
Das Vorarlberger Architekturinstitut VAI holte für seine aktuelle Ausstellung die Filme aus dem Archiv der Landesbibliothek. „Die öffentliche Beschäftigung mit Architektur und Bauen wurde wesentlich durch diese Serie bestimmt“, sagt Verena Konrad, Leiterin des VAI. Sie selbst habe sich vor fünf Jahren, damals neu in ihrer Funktion und in Vorarlberg, über das Archivmaterial von „PlusMinus“ein Bild von Vorarlberg und seinen Menschen gemacht.
Die Empörung war groß
„Architektur verständlich machen, aus der Beliebigkeit der Geschmacksfrage befreien“war das Ziel von Roland Gnaiger. Er zeigte auf, „dass es für Qualität von Architektur Kriterien gibt, dass man sie argumentieren und diskutieren kann“. Das kam nicht immer gut an. Hätte es damals schon Facebook und Co gegeben, wären ihm Shitstorms gewiss gewesen.
Nahm sich Gnaiger „dem Kampf Rustikalismus gegen Moderne“an, der sich in den Tourismusbauten manifestierte, war die Empörung groß. Ulrich Herburger, damals Ressortleiter, erzählt von heftigen Reaktionen: „Ein Indiz, dass ‚Plus-Minus‘ wirkte. Wir wollten den Diskurs ja anregen.“
Vieles hat sich an der Baukultur seither verbessert, im Tourismus wie im privaten Wohnbau. Das wesentliche Thema, der sorgfältige Umgang mit der Ressource Boden, sei aber immer noch ein Dauerbrenner, mahnt Gnaiger. Die Politik solle sich dem Landschaftsverbrauch nicht weiter nur in Sonntagsreden, sondern wirkungsvoll widmen. (jub) pwww. v-a-i.at