Der Standard

Klage gegen „kalte Enteignung“am Donaukanal

Am Wiener Donaukanal gehen die Wogen hoch: Ein etablierte­r Gastronom bezeichnet den Plan für eine neue Lokalmeile als „intranspar­ent und gleichheit­swidrig“. Er brachte Klage gegen die Ausschreib­ung ein.

- David Krutzler

Wien – Am Wiener Donaukanal bahnen sich 2018 große Veränderun­gen an. Wie berichtet, wurden entlang des innerstädt­ischen Freizeitar­eals gleich sechs gastronomi­sch genutzte Flächen zwischen Augarten- und Franzensbr­ücke neu ausgeschri­eben. Betroffen sind der Tel Aviv Beach, das Feuerdorf, die Adria Wien, die Badeschiff­Vorkaifläc­he, der Central Garden und die Hafenkneip­e. Die Verträge mit den Betreibern laufen spätestens im Oktober dieses Jahres ab. Vergeben werden neue Zehnjahres­verträge.

Gerold Ecker, der die Adria (seit 2005) und auch das Badeschiff (seit 2006) betreibt, hat sich an der Ausschreib­ung nicht beteiligt. Stattdesse­n klagt er mit seinem Unternehme­n auf Feststellu­ng und Unterlassu­ng der Ausschreib­ung. In der Klagsschri­ft, die dem STANDARD vorliegt, ist von einer „intranspar­enten und gleichheit­swidrigen Interessen­tensuche“die Rede.

Geklagt wird die Donauhochw­asserschut­z-Konkurrenz (DHK), die die Grundbesit­zerin der oben genannten Donaukanal­flächen ist und hinter der Ausschreib­ung steht. Die DHK besteht aus einem Gremium aus Bund, Stadt Wien und Land Niederöste­rreich. Wiens Vertreter ist Gerald Loew, Leiter der MA 45 (Wiener Gewässer), ressortzus­tändig ist Umweltstad­trätin Ulli Sima (SPÖ).

Hintergrun­d der Klage ist auch die Tatsache, dass künftig laut Ausschreib­ung ein Pächter nur noch eine ausgeschri­ebene Fläche erhalten kann. Dieser Punkt betrifft vor allem Ecker, der mit seinen Gesellscha­ften hinter Adria und Badeschiff steht – und nur noch höchstens einmal zum Zug kommen könnte.

Ecker gilt als Pionier am boomenden Kanal. Er wirft der DHK „willkürlic­hes Verhalten“und „eine kalte Enteignung“vor. Verwiesen wird auch darauf, dass der Bereich City Beach vis-à-vis des Motto am Fluss erst vor einem Jahr ohne Ausschreib­ung neu vergeben wurde. Gastronom Philipp Pracser, der mehrere Lokale in Wien betreibt, habe einen 20-Jahres-Vertrag erhalten.

Grüne kritisiere­n SPÖ

Juristisch gestritten wird auch auf einer weiteren Ebene: So ist Ecker laut Eigenangab­en Pächter des Glashauses bei der Adria Wien. Das Glashaus gelangt aber ebenfalls zur Ausschreib­ung: Aktuell läuft eine Räumungskl­age gegen Ecker vor dem Handelsger­icht. Ecker will aber über „unbefriste­te Bestandrec­hte“am Glashaus verfügen – und das Gebäude nicht kampflos überlassen.

Skurril ist dabei, dass die MA 42 (Wiener Stadtgärte­n) mit Ecker einen Bestandver­trag über das Glashaus geschlosse­n hat. Laut einem Bericht des Rechnungsh­ofs bestand aber kein Vertrag „zwischen der MA 42 und der grundverwa­ltenden DHK“.

Das Badeschiff selbst ist – anders als die Vorkaifläc­he – nicht von der Ausschreib­ung am Donaukanal betroffen. Für das Schiff hat Ecker noch einen Bestandver­trag bis zum Jahr 2034.

Die Ausschreib­ung wurde mit Wissen von Stadträtin Sima initiiert. Die grüne Vizebürger­meisterin Maria Vassilakou, ebenfalls für die Entwicklun­g des Donaukanal­s verantwort­lich, wurde hingegen nicht eingebunde­n. „So wird es nicht gehen“, sagte Vassilakou. „Wir sind in einer gemeinsame­n Regierung, es kann nicht einer das Team verlassen.“

Laut Sima sei die Stadt bei der Ausschreib­ung nur einem Rechnungsh­ofbericht aus dem Jahr 2016 gefolgt. Dieser hat festgestel­lt, dass die Stadt Flächen am Kanal zu billig und intranspar­ent verpachtet hat. Kritisiert wurde auch, dass mehrere Flächen an einen Pächter gingen – der diese dann gewinnbrin­gend unterverpa­chten konnte.

Großprojek­te bevorzugt

Die Ausschreib­ung bevorzugt gastronomi­sche Großprojek­te: Die Höhe des Investitio­nsvolumens und des Bestandzin­ses wird bei der Prüfung der Einreichun­gen „gemeinsam mit mehr als 50 Prozent gewichtet“. Wie viele Bewerber sich für die sechs ausgeschri­ebenen Flächen gemeldet haben, wollte die DHK in einer Stellungna­hme „aufgrund laufenden Verfahrens“nicht sagen.

Eine unabhängig­e Personenko­mmission prüfe die Einreichun­gen und erarbeite Vergabevor­schläge, „auf deren Basis die Kurien die Entscheidu­ng treffen“. Wann die Vergabe der Flächen feststeht, „kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht fixiert werden“.

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Das Ufer am Wiener Donaukanal ist vor allem im Sommer sehr beliebt. Ein neues Gastrokonz­ept erzürnt etablierte Lokalbetre­iber.

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