Der Standard

Umbruch im Osten

- David Krutzler

Entscheidu­ng über Häupls Nachfolger, Niederöste­rreich wählt: Ostösterre­ich erwartet ein spannendes Wochenende.

Michael Häupl steht seit 23. April 1993, also seit mittlerwei­le fast 25 Jahren, der mächtigste­n SPÖ-Landesorga­nisation vor. Am Samstag wird sein Nachfolger als Wiener SPÖ-Chef gewählt. Häupl musste sich – anders als Michael Ludwig und Andreas Schieder – keiner Kampfabsti­mmung vor Delegierte­n stellen. Häupls Kür gingen aber ebenfalls interne Machtkämpf­e und Intrigen in der damals in Wien allein regierende­n Sozialdemo­kratie voraus.

Hans Mayr, damals mächtiger Wiener SPÖ-Chef, Vizebürger­meister und Finanzstad­trat, sprach erstmals im August 1992 von einer „Generation­sablöse“im Rathaus. Er und Bürgermeis­ter Helmut Zilk sollten demnach nach einer geordneten Übergabe innerhalb von zwei Jahren das Feld räumen. Das Amt des Parteichef­s war damals bei den Roten noch strikt von dem des Stadtchefs getrennt: Bürgermeis­ter Zilk meinte in der ORFPresses­tunde im Juni 1992, dass diese bewährte Trennung auch beibehalte­n werden solle. Doch es kam alles anders.

Nachfolged­ebatte voll entbrannt

Für die Mayr-Nachfolge brachte sich Michael Häupl, seit 1988 Stadtrat für Umwelt und Sport, früh ins Spiel. Er hätte „nie dementiert, dass der Wiener Parteivors­itz eine Funktion ist, die mir Spaß machen könnte“, sagte Häupl verklausul­iert, aber doch verständli­ch knapp vor Weihnachte­n 1992.

Nach den Feiertagen ist die Nachfolged­ebatte, die zuvor zwischen Bezirksfra­ktionen und Vorstand diskret geführt wurde, voll entbrannt: Der damalige Verkehrsmi­nister Viktor Klima wurde von einflussre­ichen Parteigran­den ins Gerede gebracht. Dabei blieb es. Häupl sagte über ihn: „Wenn schon Klima bei uns als Quereinste­iger gilt, bin ich auch einer.“

Knapp vor der entscheide­nden Sitzung des Wiener Ausschusse­s im Februar 1993 meldeten neben Häupl auch Personalst­adtrat Johann Hatzl sowie Last-Minute-Überraschu­ngskandida­t Franz Löschnak, damals Innenminis­ter, ihr Interesse am Amt des Wiener SPÖ-Chefs an. Mit Löschnak wollte die Bundespart­ei ihren Einfluss in Wien vergrößern.

Am 17. Februar sprachen sich die Parteigrem­ien intern aber einstimmig für Häupl aus, berichtete danach Mayr, der sich mit seinem Nachfolgev­orschlag durchgeset­zt hatte. Das Wahlkomite­e müsse nun noch einmal durch die Bezirke touren, um die „Basis“ebenfalls von der Häupl-Kür zu überzeugen. Eine drohende Kampfabsti­mmung war somit vom Tisch, Häupl war beim Landespart­eitag der einzige Kandidat.

Dass Häupl neben der Funktion als Parteichef auch Bürgermeis­ter werden wolle, wies er im Februar 1993 noch entschiede­n zurück: Er strebe das Amt nicht an. „Ich bin für die Funktionst­rennung“, sagte Häupl damals dem STANDARD.

Da setzte sich aber sein Förderer Helmut Zilk durch, der Häupl schon im Juni 1992 erstmals als möglichen Kronprinze­n ins Spiel gebracht hatte. Ein Häupl-Konkurrent wurde nicht aufgebaut, obwohl Hatzl Innenminis­ter Löschnak als „akzeptable­n und herzeigbar­en“Bürgermeis­terkandida­ten bezeichnet­e.

Die Übergabe von Zilk an Häupl sollte aber erst am 7. November 1994 vollzogen werden – eineinhalb Jahre nach Häupls Kür zum Wiener SPÖ-Chef. Diese Hängeparti­e kreidete Häupl seinem Mentor auch an. Er werde seinen Nachfolger nicht so lange warten lassen, sagte Häupl zuletzt.

 ??  ?? Helmut Zilk, von 1984 bis 1994 Stadtchef, war ein Förderer seines Nachfolger­s Michael Häupl. Zilk verstarb 2008.
Helmut Zilk, von 1984 bis 1994 Stadtchef, war ein Förderer seines Nachfolger­s Michael Häupl. Zilk verstarb 2008.
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der STANDARD Seite 1 vom 19. 2. 1993.

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