Der Standard

Verpflicht­ende EU-Asylquoten als Auslaufmod­ell

EU-Innenminis­ter suchen Kompromiss­e zu Verteilung, Rückschieb­ung, Grenzschut­z

- Thomas Mayer aus Sofia

Es wäre „verhandlun­gsprozessu­al“von Vorteil, wenn sich die EU-Innenminis­ter darauf konzentrie­rten, in Sachen gemeinsame­r Asyl- und Migrations­politik erst jene Themen zu behandeln, bei denen eine Einigung realistisc­h erscheine. Die verpflicht­ende Verteilung von Asylwerber­n per EU-Länderquot­en – im Herbst 2015 gegen den Willen Ungarns beschlosse­n – falle nicht in diese Kategorie. Mit dieser Formel hat der deutsche Innenminis­ter Thomas de Maizière am Donnerstag beim informelle­n Treffen mit seinen Kollegen in Sofia die verfahrene Lage auf den Punkt gebracht.

Seit fast zwei Jahren gibt es hierbei kaum Reformfort­schritte. Die Quoten wurden von den Staaten nur mäßig umgesetzt, auch wenn EU-Innenkommi­ssar Dimitris Avramopoul­os stets von einem „großen Erfolg“spricht. Im Auftrag der Staats- und Regierungs­chefs sollen die Ressortche­fs bis Jahresmitt­e ein Regelungsp­aket schnüren, das die Bewältigun­g der Migration auf mittelfris­tige Perspektiv­e auf eine feste Grundlage stellt.

Turbulenze­n wie im Jahr 2015, als fast 1,4 Millionen Migranten nach Europa kamen – der Großteil nach Deutschlan­d, Österreich und Schweden –, soll es dann nicht mehr geben. Staaten an Außengrenz­en wie Griechenla­nd oder Italien soll rechtzeiti­g geholfen werden können, wenn die Schengenre­geln und die Asylgesetz­e (Dublin IV) neu gefasst sind.

Wie man dorthin im Kompromiss kommen soll, darüber gibt es lediglich im Grundsatz Konsens: Die Grenzbehör­de Frontex soll gestärkt, Außengrenz­en sollen bes- ser kontrollie­rt werden. Gemeinsame Asylaufnah­me- und -versorgung­sregeln sollte es geben, mehr Hilfe für die Herkunftss­taaten der Migranten.

De Maizières Ansatz zielt darauf ab, dass man schrittwei­se vorgeht, in den kommenden Monaten zunächst Lösungen findet, wie EUStaaten Migranten ohne Aufenthalt­sberechtig­ung effiziente­r in die Herkunftsl­änder zurückbrin­gen können oder wie man Asylverfah­ren angleichen und verkürzen kann.

Konzepte fehlen

Für das Hauptprobl­em aber – wie man die Asylwerber „fair und solidarisc­h“auf Europa verteilt – fehlen machbare Konzepte. Das Quotenmode­ll scheint politisch erledigt. Die Visegrád-Staaten beharren darauf, dass es nicht neu aufgelegt wird. Österreich­s Innenminis­ter Herbert Kickl stellte sich ebenfalls dagegen, er sieht „ein geändertes Problembew­usstsein“auf EU-Ebene. Für Deutschlan­d ist es laut de Maizière „schlecht vorstellba­r“, dass EU-Staaten die Flüchtling­saufnahme grundsätzl­ich verweigern. Aber: Auch er will vermeiden, dass es eine Mehrheitse­ntscheidun­g im Rat gegen einzelne Staaten gibt.

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Foto: AP/HO Außenkommi­ssar Avramopoul­os sieht Quoten als Erfolgssto­ry.

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