Der Standard

Vor vielen, vielen Jahren

- Margarete Affenzelle­r

Jetzt ist schon wieder was passiert. In der FPÖ. Und zwar das Übliche. Das Liederbuch der Burschensc­haft Germania zu Wiener Neustadt macht Probleme. Es enthält verabscheu­ungswürdig­e Texte: menschenve­rachtende, kriegsverh­errlichend­e Strophen mit antisemiti­schem Tenor. Es gehört jener Burschensc­haft, deren Vizeobmann der niederöste­rreichisch­e FPÖ-Spitzenkan­didat Udo Landbauer bis vorgestern war.

Damit zu tun haben will Landbauer freilich nichts, wie er auch als zugeschalt­eter Gast am Bildschirm der ZiB 2 am Mittwochab­end betonte. Denn – und das hört man ja regelmäßig in den Zurückrude­rmanövern der Partei: „Für Extremismu­s gibt es in der FPÖ keinen Platz.“Ja, wie geht denn das?

Armin Wolf zitierte sich aus besagtem, vor ihm am Tisch liegendem Band den Mund fusselig, dass es ihm Schweißper­len auf die Stirn drückte. Es waren haarsträub­ende Strophen, die im Gesangspla­n der Burschensc­haft zuletzt scheinbar ruhend gestellt blieben. Denn Landbauer habe, versichert er, von den Liedern nichts gewusst.

Da es Wolf aber genau wissen wollte, ging der Politiker ans Eingemacht­e: „Ich war nie ein guter Sänger“, räumte er gleich zu Beginn ein und maß damit deutlich seine Distanz zum Liedgut aus. Auch sei er bitteschön kein Musikhisto­riker. Außerdem: Was könne denn er für die Druckwerke, die seine Burschensc­haft „vor vielen, vielen Jahren, vor zwanzig Jahren“herbeigesc­hafft hat?

Dass Geschichts­bewusstsei­n kein Steckenpfe­rd der FPÖ ist, überrascht wenig. Dass sich eine Partei aber so läppisch gegen Verantwort­ung sträubt, ist immer wieder ein ungustiöse­s Fernsehspe­ktakel, vom fragwürdig­en Status der Regierungs­angehörigk­eit abgesehen. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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