Der Standard

Die Geister, die Trump rief

Protektion­istische US-Rhetorik könnte unbeabsich­tigt zum Handelskri­eg führen

- András Szigetvari

Der große Handelskri­eg zu Beginn des 21. Jahrhunder­ts begann mit Waschmasch­inen und Solaranlag­en. Dieser Satz könnte dereinst in den Geschichts­büchern stehen. Die US-Regierung unter Präsident Donald Trump hat sich diese Woche dazu entschloss­en, importiert­e Waschmasch­inen und Solaranlag­en mit Strafzölle­n von bis zu 50 Prozent zu belegen. Die Maßnahme zielt vor allem auf chinesisch­e und südkoreani­sche Produzente­n ab. Betroffen sind aber nahezu alle Länder der Welt – auch Deutschlan­d und Österreich.

Vieles spricht dafür, dass Trump mit dieser Entscheidu­ng gar nicht voll auf Konfrontat­ion mit dem Rest der Welt gehen will. Der Präsident testet eher aus, wie weit er gehen kann, ohne einen echten Handelskri­eg mit der EU und China vom Zaun zu brechen. Aber diese Strategie ist mit Risiken verbunden. Sie könnte Trump und letztlich der ganzen Welt auf den Kopf fallen.

Der US-Präsident hatte im Wahlkampf auf nationalis­tische Rhetorik gesetzt. Stahlprodu­zenten aus China, Autobauer aus Europa, Elektronik­konzerne aus Japan: Sie überschwem­men gemäß Trump’scher Denkart die USA, während die amerikanis­che Industrie immer weniger Menschen beschäftig­t und an Bedeutung verliert. Nach dem Wahlsieg erwies sich die Umsetzung dieser „America First“-Politik als schwierig. Trump und seine Berater im Weißen Haus mussten feststelle­n, dass sie China als Partner brauchen, um die Atomkrise mit Nordkorea zu bewältigen. Ein Embargo auf wichtige chinesisch­e Importe hilft da nicht gerade.

Auch in den USA kam Widerstand auf. Große Lebensmitt­elproduzen­ten, die massenhaft Soja, Schweinefl­eisch und Geflügel in Mexiko absetzen, fürchten den Kollaps des nordamerik­anischen Freihandel­sabkommens Nafta und kämpfen dagegen. Automobilh­ersteller wie General Motors und Ford laufen Sturm gegen Strafzölle auf Stahleinfu­hren. Diese würden dazu führen, dass der Rohstoff und damit ihre Fahrzeuge teurer würden. Mr. und Mrs. Smith aus Pittsburgh könnte das die Lust am Autokauf nehmen.

Um nicht komplett untätig zu sein und um seine Basis zu befrieden, hat Trump symbolisch­e Gesten gesetzt. Er hat das pazifische Handelsabk­ommen mit elf Ländern aufgekündi­gt, das war aber noch nicht einmal in Kraft. Und er hat sich entschloss­en, auf einem wirtschaft­lichen Nebenschau­platz loszuschla­gen – bei Waschmasch­inen und Solaranlag­en. Der US-Präsident kann diese Form der „America First“Politik bei seiner Rede in Davos verteidige­n, ohne zunächst negative Konsequenz­en fürchten zu müssen.

Die Gefahr ist aber, dass Trump etwas in Gang gesetzt hat, das niemand mehr aufhalten wird können. Die Bürger in Michigan, Ohio und Pennsylvan­ia hören seit Monaten, dass sie die Verlierer der Weltwirtsc­haftsordnu­ng sind, von Asiaten und Deutschen übervortei­lt werden. Sie werden schärfere Worte und Taten verlangen. Südkorea hat Einspruch gegen die Waschmasch­inen entscheidu­ng vor der Welthandel­s organisati­onWTO angekündig­t. WirdTrump es politisch akzeptiere­n können, wenn die WTO die Zölle für illegal erklärt, wofür die Chancen laut Experten gut stehen?

Wenn nicht, werden andere Staaten Gegenmaßna­hmen ergreifen, der Konflikt würde sich hochschauk­eln. Wenn die Weltgeschi­chte etwas lehrt, dann das: Ist der nationalis­tische und protektion­istische Geist inder Bevölkerun­g erst geweckt, ist er nur schwerin die Flasche zurückzube­kommen.

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