Wiener Runde als Wegbereiter für Sotschi
Die neunte Runde der Syrien-Gespräche unter Uno-Schirmherrschaft hat auch am Freitag nur geringe Hoffnungen genährt. Auf der Tagesordnung standen vorrangig Verfassungsfragen.
Wien – Der zweite Tag der SyrienGespräche in Wien verlief zumindest nach außen hin ähnlich wie der erste: mit getrennten Treffen von Uno-Sondervermittler Staffan de Mistura mit Vertretern der syrischen Opposition und Regierung. Hauptthema der Gespräche waren nach Wunsch der Vereinten Nationen Verfassungsfragen.
Oppositionssprecher Yahya alAridi hatte die Gesprächsrunde zuvor als „entscheidend“bezeichnet, da sich die Bereitschaft zur Implementierung von UN-Resolutionen zeigen werde. Es gebe ein „neues Dokument“von den USA, Frankreich, Saudi-Arabien, Jordanien und Großbritannien, das einen „praktischen Plan zur Umsetzung der Resolution 2254 vorsieht“, so Aridi. Diese sieht unter anderem einen Waffenstillstand und ein Ende der Angriffe auf zivile Ziele in Syrien vor. Syriens Uno-Botschafter Bashar al-Jaafari bezeichnete den Vorstoß dann allerdings als „neues Kapitel einer Verschwörung gegen Syrien“, das den Friedensprozess untergrabe.
„Kongress“in Sotschi
Die neunte Runde der diplomatischen Vorstöße hatte vor allemdie Schaffung einer Gesprächsbasis zwischen den Konfliktparteien zum Ziel. Die Hoffnungen waren gering – auch weil mit einem Auge auf jenes Treffen zu Syrien ge- blickt wird, das ab Montag im russischen Sotschi stattfinden soll.
Die unterschiedlichen Gesprächsschienen stehen miteinander in Verbindung, werden aber zum Teil auch als Konkurrenzformate betrachtet. Und sie werden von den aktuellen KampfEntwicklungen beeinflusst – etwa der türkischen Offensive gegen die Kurden im nordwestsyrischen Afrin. Warum Moskau der Türkei hier freie Hand gelassen hat, könnte eben mit den für nächste Woche geplanten Verhandlungen in Sotschi zusammenhängen.
Moskau will sie gerne von Ankara unterstützt sehen, um die Legitimation des „Kongresses des nationalen Dialogs“zu erhöhen – und vielleicht sogar eine Teilnahme der syrischen Kurden zu ermöglichen. Diese erklärten allerdings über ihren Vertreter Badran Jia Kurd bereits am Donnerstag, sie seien nicht nach Sotschi eingeladen worden. Zudem würden sie auch nicht teilnehmen, solange die türkische Offensive in Afrin nicht beendet werde.
Dutzende Tote in Afrin
Beobachtern zufolge sind dort bei einem türkischen Luftangriff fünf weitere Zivilisten getötet worden. Insgesamt soll es bisher nach kurdischen Angaben 59 getötete Zivilisten geben. Die Türkei hingegen bestreitet, dass Zivilisten getötet worden seien.
Die syrischen Kurden hatten zuvor bereits offiziell die AssadRegierung um Hilfe gebeten: „Wir rufen den syrischen Staat auf, seinen Verpflichtungen nachzukommen und die Armee zu entsenden, um die Grenze zur Türkei gegen Angriffe der türkischen Besatzer zu schützen“, hieß es in einer auf der Website der lokalen Verwaltung veröffentlichten Erklärung.
Vonseiten der Türkei verlautete zugleich, die Offensive gehe weiter und könne auch in den Nordosten Syriens ausgedwehnt werden, wo Kurden große Landstriche kontrollieren. Ankara spricht davon, dass man die Kämpfe sogar bis an die irakische Grenze ausweiten könnte.