Neustart für umstrittenes Riesenprojekt
Um den Franz-Josefs-Bahnhof soll ein modernes Stadtviertel samt Hochhäusern entstehen. Bürger und Bezirk sind gegen die Pläne – nun lenkte die Stadt ein: Das Widmungsverfahren wird neu aufgerollt.
Wien – Das Planungsgebiet in Wien-Alsergrund ist das größte Stadtentwicklungsprojekt innerhalb des Gürtels. Bis die Baumaschinen im neunten Bezirk laufen, könnte es allerdings noch dauern – obwohl seit mittlerweile sieben Jahren darüber diskutiert wird, was in Zukunft mit dem Areal zwischen alter Wirtschaftsuni und Franz-Josefs-Bahnhof und der Bank Austria, die dieses Jahr auszieht, passieren soll. Am Donnerstag erklärte die grüne Vizebürgermeisterin und Planungsstadträtin Maria Vassilakou: „Das vorliegende Widmungsverfahren wird nicht weiterverfolgt.“
Das bedeutet einen Quasi-Neustart für ein Riesenprojekt, bei dem sich Bezirk, Stadt und Investor – der Wiener Immobilienentwickler 6B47 – schon ziemlich einig zu sein schienen: Ein erstes gemeinsames Leitbild wurde im März 2017 präsentiert. Demnach soll ein modernes Stadtviertel entstehen – inklusive Hochhaus mit bis zu 126 Metern Höhe (so hoch wie die Müllverbrennungsanlage Spittelau), Hochpark nach Vor- bild der New Yorker Highline, Einkaufszentrum und Tiefgarage: das neue Althan-Quartier. Die ehemalige Bank Austria soll demnach generalsaniert werden. Durch den Hochpark würden nicht nur neue Querungen, sondern auch Grünflächen ermöglicht. Das solle auch die „Verlagerung des Bauvolumens in Hochhäuser“garantieren, versprach das damals präsentierte Leitbild.
Dieser Plan wurde mit Bezirk und Stadt über einen Zeitraum von acht Monaten erarbeitet. Blitzschnell, wenn man bedenkt, dass zuvor jahrelang mit den damaligen Eigentümern (u. a. ÖBB, Bundesimmobiliengesellschaft und Post) verhandelt wurde. Als 2015 die 6B47 das Bank-AustriaGebäude und die Parkgarage erwarb, wurde das Widmungsverfahren in Nord und Süd geteilt – bis zu dieser Woche. Bevor nun ein neues Verfahren startet, soll der Architekturwettbewerb im April abgewartet werden.
Ein Grund für die Kehrtwende ist der Bürgerprotest, der sich seit Wochen formiert. Viele Anrainer machen deutlich, dass sie vor al- lem die Hochhäuser stören, einen zweiten Heumarkt wolle man unbedingt vermeiden.
Mitte des Monats lehnte auch die Bezirksvertretung den Widmungsplan einstimmig ab, unter anderem sei die geplante Gebäudehöhe „städtebaulich nicht nachvollziehbar“.
ÖVP und Neos kritisierten den „Zickzackkurs“, begrüßen aber das Einlenken. Das beurteilt auch der Investor als positiv, man nehme Kritik aus der Bevölkerung sehr ernst. pLangfassung: derStandard.at