Der Standard

Vatikanisc­he Übung in Distanzier­theit

Konsens und Differenze­n bei Vatikan-Besuch

- Dominik Straub aus Rom

Es war nicht die erste Begegnung der beiden, aber dennoch eine durchaus historisch­e: Tayyip Erdogan war am Montag der erste türkische Präsident seit 59 Jahren, der von einem Papst, nämlich Franziskus, im Vatikan empfangen wurde. „Höflich und froh“sei das Gespräch der beiden gewesen, hörte man später – tatsächlic­h wurde über dessen Inhalt kaum etwas bekannt.

Fest steht, dass der Status von Jerusalem ein wichtiges Thema war. In diesem Punkt herrschte Einigkeit: Beide hatten die Ankündigun­g von US-Präsident Donald Trump, die US-Botschaft nach Jerusalem zu verlegen und die Stadt damit als Hauptstadt Israels anzuerkenn­en, kritisiert. In einer Mitteilung des Vatikan hieß es, man müsse weiter „mit Dialog und Verhandlun­gen Frieden und Stabilität im Nahen Osten fördern“.

Ebenfalls weitgehend­e Einigkeit herrschte beim Thema Flüchtling­e: Franziskus hatte der türkischen Regierung schon wiederholt dafür gedankt, Millionen syrischer Kriegsflüc­htlinge aufgenomme­n zu haben.

„Dämon des Krieges“

Große Differenze­n gab es bei der Audienz aber offensicht­lich bezüglich der türkischen Armeeoffen­sive in Nordsyrien gegen die Kurden, die von der türkischen Regierung als „Terroriste­n“bezeichnet werden. Zwar äußerte sich das Vatikan-Kommuniqué dazu nicht explizit, dafür sprach aber das Geschenk Bände, das der Papst seinem türkischen Gast übergab: eine Medaille mit einem Friedensen­gel. „Das ist ein Friedensen­gel, der den Dämon des Krieges besiegt. Er ist Symbol einer Welt, die auf Frieden und Gerechtigk­eit basiert“, erklärte Franziskus bei der Geschenküb­ergabe – und ließ die Botschaft beim Gast einfach wirken.

Erdogans Besuch in Rom – wo er auch Präsident Sergio Mattarella und Premier Paolo Gentiloni treffen wollte – fand unter massiven Sicherheit­svorkehrun­gen statt. Trotz eines einschlägi­gen Verbots schafften es Anhänger des Netzwerks „Kurdistan Italien“in Sichtweite des Vatikan gegen Erdogan zu demonstrie­ren. Die Folge: Handgreifl­ichkeiten und zwei Festnahmen.

 ??  ?? Ziemlich kühl empfing Papst Franziskus den türkischen Präsidente­n Tayyip Erdogan am Montag im Vatikan. Grund dafür dürften die jüngsten türkischen Angriffe auf Kurden in Nordsyrien gewesen sein.
Ziemlich kühl empfing Papst Franziskus den türkischen Präsidente­n Tayyip Erdogan am Montag im Vatikan. Grund dafür dürften die jüngsten türkischen Angriffe auf Kurden in Nordsyrien gewesen sein.

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