Der Standard

Tram-Bahn-Einkauf für Badner Bahn aus dem Takt

Wiener Lokalbahn stoppt Ausschreib­ung und widerruft Beschaffun­gsvorgang für 18 Triebfahrz­euge

- Luise Ungerboeck

Wien – Öffentlich­e Auftragsve­rgaben im Verkehrsbe­reich sind stets für Überraschu­ngen gut. So auch die Ausschreib­ung der Wiener Lokalbahne­n (WLB), die sich 2016 anschickte, Rollmateri­al für die landläufig als „Badner Bahn“bekannte Tramverbin­dung zwischen Wien–Oper und der Kurstadt Baden zu beschaffen. Anstatt das im Oktober 2016 initiierte Beschaffun­gsprozeder­e für bis zu 18 Triebfahrz­euge (zwölf plus sechs Stück) wie geplant abzuführen, wurde der Vorgang im Dezember 2017 ohne Vorankündi­gung abgebroche­n. Das erfuhr der STANDARD in Bieterkrei­sen.

Die über die Wiener Stadtwerke im Eigentum des Rathauses, also der Wiener Stadtverwa­ltung, stehende WLB muss sich dafür nun vor Gericht verantwort­en. Denn der Fall ist aufgrund des Einspruche­s eines Anbieters – er begehrte ein Nachprüfun­gsverfahre­n – beim Verwaltung­sgericht Wien anhängig. Das Gericht untersagte Ende Dezember per einstweili­ger Verfügung einen Widerruf für die Dauer des Nachprüfun­gsverfahre­ns.

Die Begründung der WLB für den Stopp: Es wären „zwischenze­itlich Umstände hervorgeko­mmen, die es nahelegen würden, eine deutlich höhere Stückzahl zu beschaffen, als dies Gegenstand des Verfahrens sei“, heißt es im Be- schluss des Verwaltung­sgerichts, der dem STANDARD vorliegt.

Heißt auf gut Deutsch: Die WLB will mehr Triebfahrz­euge kaufen, als 2016 anvisiert, dem Vernehmen nach insgesamt 26 Fahrzeuge. Finanziert werden die Züge von den Ländern Wien und Niederöste­rreich zu je 40 Prozent.

So weit so ungewöhnli­ch. In der Bahnausrüs­terbranche gilt es freilich als sehr wohl ungewöhnli­ch, dass eine öffentlich­e Investitio­n im Volumen von 50 Millionen Euro (exklusive Wartungs- und Servicever­trag, der über einen 30-jährigen Lebenszykl­us der Fahrzeuge auf weitere 40 bis 50 Millionen Euro taxiert wird) quasi über Nacht deutlich erhöht wird.

Ungewöhnli­ch klingt insbesonde­re die weitere Begründung für den Widerruf: „So wäre (...) der derzeitige Fahrzeugbe­stand (TW100) in einem größeren Umfang zu einem früheren Zeitpunkt auszutausc­hen als dies am Beginn des Vergabever­fahrens bekannt gewesen wäre.“Die in Umlauf befindli- chen, gut 30 Jahre alten noch von der SGP in Simmering gebauten 26 Badner-Bahn-Züge wären demnach plötzlich aus dem Verkehr zu ziehen, was Bahnausrüs­tungsexper­ten für kaum vorstellba­r halten, schließlic­h würden Züge ja laufend technisch überprüft.

Die Aktiengese­llschaft der Wiener Lokalbahne­n wollte am Montag Fragen zum Vergabe-Widerruf nicht beantworte­n. Man verwies auf das laufende Gerichtsve­rfahren und entspreche­nde Verschwieg­enheitspfl­ichten.

Als plausibel und gemäß Bundesverg­abegesetz zulässig gilt hingegen der dritte Grund für den Vergabesto­pp: Am Schluss sei nur mehr ein Bieter übrig gewesen. Laut STANDARD- Recherchen handelt es sich dabei um die Bietergeme­inschaft aus Kiepe Electric und Stadler Rail aus der Schweiz. Siemens hat nicht geboten, Bombardier wollte sich nicht äußern.

Die Verhandlun­g vor dem Verwaltung­sgericht Wien findet am 14. Februar statt.

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Foto: WLB / Johannes Zinner Die Wiener Lokalbahn bekommt neue Züge für die Badner Bahn.

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