Tödliche Schatten der Sparpolitik
Nikos Antonakakis erforscht Verbindungen zwischen Ökonomie und Suizidraten
„In den ersten Jahren nach der großen Wirtschaftskrise und der darauf folgenden Sparpolitik erfuhr ich immer wieder von Suiziden in meinem Bekanntenkreis“, erzählt Nikos Antonakakis, außerordentlicher Professor für Ökonomie an der Webster Vienna Private University. Damals arbeitete der junge Wirtschaftswissenschafter noch als Dozent an der University of Portsmouth, kehrte in den Ferien aber regelmäßig auf seine Heimatinsel Kreta zurück.
Die bedrückende Lage seiner Landsleute motivierte ihn dazu, seine persönliche Wahrnehmung einer wissenschaftlichen Prüfung zu unterziehen. Gemeinsam mit seinem Kollegen Alan Collins untersuchte er in fünf von den Sparmaßnahmen besonders betroffenen Ländern die direkten Zusammenhänge von Suizidraten und Austeritätspolitik.
Die Ergebnisse waren schockierend: Die radikalen Kürzungen im Sozial-, Gesundheits- und Bildungssystem hatten tatsächlich zu einem drastischen Anstieg der Selbsttötungen geführt. „Mittlerweile wächst die Zahl der Suizide in Griechenland zwar nicht mehr so stark wie in den ersten Krisenjahren, doch sie ist immer noch deutlich höher als vor der Krise“, so Antonakakis. „Die Wirtschaft aber hat sich trotz aller Strukturmaßnahmen noch nicht erholt.“Mehrere Studien hat er über die tödlichen Auswirkungen der Sparpolitik bereits verfasst, in der aktuellen vergleicht er die Suizidraten in wirtschaftlich starken bzw. schwachen EU-Staaten vor und nach der Krise. „Wir haben herausgefunden, dass die reicheren Länder vor der Einführung des Euro höhere Suizidraten hatten als nachher“, berichtet Antonakakis. „Die ärmeren Länder dagegen hatten vor der Euro-Einführung signifikant weniger Selbsttötungen als danach.“
Brisante Daten, die grundsätzliche Fragen zu Wirtschaftswachstum und Lebensqualität aufwerfen. „Um das Wohlbefinden der Menschen im Verhältnis zu ihrer wirtschaftlichen Situation in den verschiedenen EU-Ländern zu erfassen, haben wir in einer anderen Untersuchung Variablen wie Einkommen, Arbeitslosigkeit, Scheidungs- und Suizidraten, Alkoholkonsum etc. einbezogen“, erklärt der 36-jährige Forscher. Darübe hinaus sind Suizide immer auf eine Reihe weiterer Faktoren zurückzuführen.
„Wir fanden sehr niedrige Suizidraten, wenn Menschen zwar nur geringe Einkünfte haben, davon aber leben können. Müssen sie zur Existenzsicherung ihr Einkommen erhöhen, steigt die Zahl der Suizide.“Aber nur, bis eine mittlere Einkommenshöhe erreicht wird – dann sinkt die Suizidrate wieder. Am erstaunlichsten sei aber, dass Länder mit hohen Einkommen auch höhere Suizidraten aufweisen als Länder mit mittleren Einkünften.
„Diese Kurve macht deutlich, dass der wirtschaftliche Aufstieg einen hohen Preis hat“, resümiert Antonakakis. „Dennoch setzt die Politik nach wie vor auf Wirtschaftswachstum.“Dass seine kritischen Untersuchungen nicht überall auf Begeisterung stoßen, ist für den mit einer Linzerin verheirateten Vater zweier Töchter deshalb wenig überraschend. Immerhin legen die aufrüttelnden Suizidstudien des vielfach ausgezeichneten Ökonomen ein grundlegendes Umdenken in der Wirtschaftspolitik nahe – hin zu nachhaltiger Lebensqualität für möglichst viele Menschen. zu klein und zu mobil. Die Biologen kamen auf eine originelle Alternative: Sie bringen die Käfer dazu, sich zu übergeben. Das ist nicht so abstrus, wie es klingt: Die Tiere würgen auch in freier Natur, wenn sie gestresst sind, ihren Mageninhalt hoch. Die entscheidende Frage war, wie man die Käfer im Labor genügend stressen könnte, um dieselbe Reaktion hervorzurufen, ohne sie dabei zu verletzen.
„Wir haben schließlich eine Methode gefunden, bei der wir die Käfer kopfüber in ein Reaktionsgefäß stecken, das wir ganz kurz in heißes Wasser tauchen“, erklärt Wallinger, „der Hitzestress genügt, dass sie sich in das Gefäß übergeben.“Die Vorgehensweise hat außerdem einen gewaltigen Vorteil: „Bei Wirbellosen, wie Käfern, gibt es normalerweise keine Bedenken dagegen, sie für wissenschaftliche Erkenntnisse zu opfern, aber es freut mich sehr, dass ich die Käfer für unsere Untersuchungen nicht töten muss und sie stattdessen wieder in ihrem ursprünglichen Habitat freilassen kann“, sagt die Forscherin, „immerhin reden wir hier von rund 10.000 Exemplaren.“
Speiseplan
Der heraufgewürgte Mageninhalt wird in der Folge mit modernsten molekularbiologischen Methoden auf DNA-Reste von Pflanzen und Tieren untersucht, um so auf den Speiseplan der Käfer schließen zu können. Bis jetzt wurden auf insgesamt 18 biologisch bewirtschafteten Getreidefeldern in Tirol, bei Wien und um Dijon (Frankreich) die drei häufigsten Laufkäferarten und ihre jeweilige Nahrungswahl identifiziert.
Wie sich dabei herausstellte, enthielten rund 70 Prozent der Regurgitate bei allen drei Arten Unkrautsamen. Das kam teilweise sehr überraschend: Während man beim Erdbeersamenlaufkäfer (Pseudoophonus rufipes) eine gewisse Vorliebe für Samen schon vermutet hatte, hielt man die beiden anderen Arten, nämlich den Gemeinen Grabkäfer (Pterostichus melanarius) und den Kupferfarbenen Buntgrabläufer (Poecilus cupreus), bisher für weitgehend räuberisch. Weitere Arten werden noch untersucht.
Ebenfalls häufig auf dem Speiseplan von Laufkäfern stehen Blattläuse, deren massives Auftreten sie oft im Keim ersticken können. Nach einer Phase der sexuellen Vermehrung wandern die weiblichen Blattläuse im Frühjahr in Getreidefelder ein, wo sie sich massenhaft parthenogenetisch vermehren und entsprechende Schäden verursachen können.
„Im Gegensatz zu Marienkäfern und Florfliegen, die erst kommen, wenn die Blattläuse bereits in Massen auftreten, sind die Laufkäfer schon da, wenn die Weibchen kommen“, erläutert Wallinger, „sie fressen sozusagen die Mütter aller Blattläuse.“Damit nicht genug, machen sich Laufkäfer auch über Eier und junge Exemplare der Genetzten Ackerschnecke her, die im Volksmund auch als Salatschnecke bezeichnet wird und ein sehr ungeliebter Gast vor allem in Gärten ist.
Konkurrenz
Interessant ist für Wallinger nun, ob die verschiedenen Nahrungsquellen der Laufkäfer zueinander in Konkurrenz stehen: „Die Frage ist, ob sie die Unkrautsamen liegen lassen, wenn es viele Blattläuse, Springschwänze oder Regenwürmer gibt – oder umgekehrt“, so die Biologin. Denkbar ist auch, dass die Käfer je nach Jahreszeit oder anderen Umweltbedingungen zwischen pflanzlicher und tierischer Kost wechseln.
Um das herauszufinden, führten Wallinger und ihr Team aus Studierenden der Universität Innsbruck vergangenen Sommer Feldversuche durch, in denen sie die Verfügbarkeit von Samen und Nacktschnecken künstlich variierten. Die Forscherin rechnet damit, dass die Regulation der einen auf Kosten der jeweils anderen gehen könnte, aber die Auswertungen, die das bestätigen oder widerlegen, sind noch im Gange.
Eines steht für Wallinger jedoch fest: „Laufkäfer haben das Potenzial zu einem Werkzeug bei der Regulation von beidem – Unkrautaufkommen und Pflanzenschädlingen.“Als solches könnten sie in nicht allzu ferner Zukunft gezielt eingesetzt werden, um die Ausbringung von chemischen Unkraut- und Schädlingsbekämpfungsmitteln wie Glyphosat und Co erfolgreich zu reduzieren.