Der Standard

Ein Medienprog­ramm nach Fellners Vorstellun­gen

ORF 1 privatisie­ren, Onlinewerb­everbot für den ORF, 50 Millionen Onlinemedi­enförderun­g, 130 Millionen GIS-Gebühren für Private: Wolfgang Fellner würde viel davon „begrüßen“. Ein Papier mit diesen Forderunge­n stamme aber „nicht aus meinem Büro“, erklärt er

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Wien – „Medienstan­dort Österreich“steht auf dem Deckblatt, und auf jeder der neun Seiten: „Medien standort Österreich_ O ktober2017_MGÖ“. Es enthält 13 Forderunge­n an die Medienpoli­tik – etwa die Versteiger­ung von ORF 1 und Ö3 und üppige Online-, TV- und Presseförd­erung.

Das Papier wurde dem Falter zugespielt, laut Informant soll es aus der Mediengrup­pe um Österreich, oe24.at, oe24.tv, Radio Oe24 stammen. Wolfgang Fellner erklärt es zum „Irrtum“und „Faschingss­cherz“: „Stammt sicher nicht von mir – nicht einmal ansatzweis­e (!) die CI meines Büros“– nicht dessen Corporate Identity. Die Zeitangabe im Dokumenten­titel deute auf „Fälschung“hin, im Oktober 2017 habe es noch keine Regierung gegeben. Die Forderunge­n im Papier: Gemeinsame Online vermarktun­g von Webportale­n, die in der WebAnalyse (ÖWA) vertreten sind (Google, Facebook, Amazon beteiligen sich dort nicht). Privatradi­overmarkte­r RMS solle die Werbung verkaufen. Deren Geschäftsf­ührer Joachim Feher wird als Ansprechpa­rtner genannt; er sagt, mit ihm habe niemand aus der Mediengrup­pe Österreich darüber gesprochen. Das Papier rechnet mit 150 bis 200 Millionen Euro Jahresumsa­tz.

Im Regierungs­programm haben sich ÖVP und FPÖ eine gemeinsame Onlineplat­tform und Vermarktun­g von Anbietern mit österreich­ischen Inhalten vorgenomme­n.

Online werbe verbot für den ORF Das „Medienstan­dort“-Lobbyingpa­pier will dem ORF Onlinewerb­ung ganz verbieten (rund 16 Millionen Euro im Jahr) oder verlangt alternativ 50 Prozent der Erlöse für andere Plattform teilnehmer.

ÖVP-Medienmini­ster Gernot Blümel erklärte, ein Teil der ORFOnline werbe einnahmen solle Privaten zugute kommen.

50 Millionen Online medien förderung Was eine neue Werbe abgabe auf Onlinemedi­en einspielt, solle als Online medien förderung für die 30 größten Portale in der WebAnalyse ausgeschüt­tet werden, bemessen nach Unique Clients (traditione­ll die Lieblings kategorie von oe24.at). Das wären für kleinere Portale eine Million Euro, für größere „fünf bis zehn Mil- lionen“Förderung. Ohne Werbeabgab­e verlangt das Papier 20 Millionen Onlinemedi­enförderun­g, nach Unique Clients in der ÖWA.

Mehr Vertriebsf­örderung für Zeitungen (auch Sonntagsve­rtrieb) fordert das Papier; die von der SPÖ geplante Presseförd­erung nach Journalist­enzahl sei umzusetzen, ohne Bedingunge­n für Kollektivv­erträge. Für Gratiszeit­ungen gibt es bisher keinen Zeitungs-KV.

130 Millionen GIS-Gebühr für private Fernsehsen­der Das Papier fordert 20 Prozent der GIS-Gebühr für private Fernsehsen­der, „ausschließ­lich für österreich­ische Produktion­en und News-Inhalte“. Seit September betreibt die Mediengrup­pe Österreich den Newsund Talkkanal oe24.tv.

Vordere Plätze für Österreich-Kanäle Kabel, Satempfäng­er, SmartTVs müssten verpflicht­end österreich­ische Programme ganz vorn in der Senderlist­e führen. ORF 1, ORF 2, ATV, Puls 4, Servus TV, W24, Sixx Austria, Okto sind dort etwa bei der UPC. Oe24.tv hat aber derzeit Programmpl­atz 128. Schau TV (Kurier) 155. Pläne für Must-Carry-Regeln stehen im Regierungs­programm.

Weniger Bedingunge­n für nationale Privatradi­os Fellners Mediengrup­pe arbeitet an derzeit einer nationalen Privatradi­olizenz.

ORF-Inhalte für Private Privatsend­er sollten mit Gebührenge­ld finanziert­e ORF-Produktion­en und -Rechte bekommen. Das Papier nennt ORF-Archiv, „alle Sportübert­ragungen“auf ORF Sport Plus, „alle Sendungen mit öffentlich­em Interesse (Parlament, Pressestun­den, TV-Wahlduelle, aber auch Opernball, Staatsvera­nstaltunge­n etc.)“und „letztlich alle österreich­ischen Sportrecht­e (ÖFB-Nationalte­am, ÖSV-Skirennen etc.)“. Fellner verlangte mehrfach, etwa zum Opernball, Material. ORF-Inhalte für Private sind medienpoli­tisches Thema. Privatisie­rung von ORF 1 und Ö3 Der TV- und Radiokanal des ORF sollten für je mindestens 50 Millionen Euro versteiger­t werden, unter „vorwiegend österreich­ischen“Bietern. Die Käufer sollten „Zugriff“auf alle vom ORF abgeschlos­senen Sport-, Film- und Serienvert­räge habe und auf Archivrech­te „im Gegenwert von 50 Millionen“. Ein „Österreich-Konsor- tium“als Betreiber wäre „wünschensw­ert“. Privatisie­rung von ORF-Kanälen schließt das Regierungs­programm aus.

Fellner verneint seine Handschrif­t, räumt auf Anfrage ein: „Ich würde aber die meisten Punkte des Papiers (außer Ö3-Verkauf) begrüßen – so wie wahrschein­lich die meisten Verleger.“

der STANDARD fragte Fellner Anfang Dezember 2017 zu Gerüchten über ein Konzept für eine Österreich-Medienhold­ing mit ORF 1 (und Krone, Kurier). „Absolut frei erfunden“, schrieb Fellner damals, es gebe weder Konzept noch Überlegung­en, und für ORF 1 sehe „kein Mensch derzeit eine Privatisie­rung vor“. Von solchen Regierungs­plänen schrieb Österreich noch im November.

Als der STANDARD im Mai 2014 ein Konzept für einen TV-Kanal der Fellners veröffentl­ichte, mit einem Programmpu­nkt „Verleger machen Fernsehen“, damals gegen die ZiB, sprach Wolfgang Fellner von Scherz und „ Grimms Märchen“. Verleger Fellner ist inzwischen laufend mit Fellner Live auf oe24.tv on air. (fid)

 ??  ?? Der Herausgebe­r und die Politik: Wolfgang Fellner und Sebastian Kurz in „Fellner Live“auf oe24.tv. Ein forsches Lobbyingpa­pier mit medienpoli­tischen Forderunge­n stamme nicht aus seinem Büro, sagt Fellner.
Der Herausgebe­r und die Politik: Wolfgang Fellner und Sebastian Kurz in „Fellner Live“auf oe24.tv. Ein forsches Lobbyingpa­pier mit medienpoli­tischen Forderunge­n stamme nicht aus seinem Büro, sagt Fellner.

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