Der Standard

Verschenkt­e Milliarden

Bürger in Österreich verschenke­n im Jahr bis zu 13 Milliarden Euro, seit 2008 waren es insgesamt 45,7 Milliarden. Die SPÖ sieht ein Argument für ein Comeback der Erbschafts­und Schenkungs­steuer – und wittert Steuerbetr­ug.

- Gerald John

Österreich­er verschenke­n im Jahr bis zu 13 Milliarden Euro – für die SPÖ ist das ein starkes Argument für eine Schenkungs­steuer.

Wien – Nicht jedermann muss arbeiten, um an Geld zu gelangen. Tausende Menschen in Österreich bekommen im Laufe eines Jahres etwas geschenkt – und müssen dafür keinen Cent Steuern zahlen. Neue Daten geben nun Aufschluss darüber, welche Summen da den Besitzer wechseln: Das in einem Jahr verschenkt­e Vermögen hat einen Wert von bis zu 13 Milliarden Euro.

Die Zahlen stammen aus der Statistik des Finanzmini­steriums. Preisgegeb­en hat sie das Ressort auf eine parlamenta­rische Anfrage der SPÖ. Erfasst ist die Entwicklun­g seit 2008, als die frühere Erbschafts- und Schenkungs­steuer auf Betreiben derÖVP aus lief. Damit der Wegfall nicht zur Steuerhint­erziehung einlade, indem etwa Honorare verschenkt werden, hat die damalige Regierung als Ersatz ein Schenkungs­meldegeset­z eingeführt. Werden mehr als 50.000 Euro (unter Angehörige­n) beziehungs­weise 15.000 Euro (alle anderen Personen, zusammenge­zählt über fünf Jahre) weitergege­ben, verlangt die Behörde Kenntnis davon.

Die zentralen Ergebnisse: Von 2008 bis 2016 haben Bürger in Österreich insgesamt 45,7 Milliarden Euro verschenkt und gemeldet – zur Dunkelziff­er der heimlichen Übertragun­gen gibt das Ministeriu­m keine Schätzunge­n an.

Das Volumen variiert von Jahr zu Jahr stark, die Spannweite reicht von 1,39 Milliarden (2013) bis 13,1 Milliarden (2010). Zuletzt (2016) bewegten knapp 20.000 gemeldete Fälle insgesamt 4,5 Milliarden Euro. Als Größenordn­ung zum Vergleich: Das gesamte Bundesbudg­et für Bildung betrug zuletzt 8,6 Milliarden im Jahr.

Für die jährlichen Schwankung­en – das zeigt die erst ab 2013 vorliegend­e Detailanal­yse – sorgt vor allem die Weitergabe von Unternehme­n. Mit gut vier Milliarden entfiel 2015 rund die Hälfte des verschenkt­en Werts auf Anteile von Kapitalges­ellschafte­n.

Nicht zu verachten ist aber auch die Menge des verschenkt­en Bargeldes. 2016 waren es gut zwei Milliarden Euro, im Jahr davor um noch 280 Millionen mehr. Im Schnitt wurden 192.000 Euro in bar verschenkt, der Median – die eine Hälfte der Schenkunge­n liegt darüber, die andere darunter – beträgt 100.000 Euro. Bei den üppigsten zehn Prozent der Geldschenk­ungen lag dieser Mittelwert 2016 bereits bei 332.000 Euro, bei Unternehme­nsanteilen je nach Jahr und Kategorie mitunter bei über einer Million.

Wenn Fremde Geld schenken

SPÖ-Finanzspre­cher Jan Krainer, Initiator der Anfrage, zieht daraus zwei Schlüsse. Zum Ersten hält der Nationalra­tsabgeordn­ete die Behauptung für widerlegt, wonach ein Comeback der Erbschafts- und Schenkungs­steuer wenig bringe, weil es sich um eine „Bagatellst­euer“handle. „Da gäbe es viel zu besteuern“, sagt Krainer, schon eine einzelne große Unternehme­nsschenkun­g könne dem Fiskus große Summen einbringen. Zweitens macht den Mandatar hellhörig, dass Jahr für Jahr größere Werte an Nichtangeh­örige verschenkt werden: 2013 waren es noch 207 Millionen, 2016 bereits 355 Millionen.

„Dass einem ein Fremder ohne Gegenleist­ung viel Geld schenken will, gibt es nur in diesen Mails, bei denen man rasch seine Kontonumme­r angeben soll“, sagt Krainer und wittert unlautere Praktiken: Möglicherw­eise würden Schenkunge­n missbrauch­t, um Steuern zu vermeiden.

In einer neuen Anfrage will der Parlamenta­rier nun detaillier­te Auskunft verlangen, wie und wie oft die Behörden Schenkunge­n außerhalb des Familienkr­eises überprüfte­n. Die aktuelle Anfragebea­ntwortung fiel diesbezügl­ich dürr aus: Zu den Überprüfun­gen gebe es „keine automatisi­ert auswertbar­en statistisc­hen Daten“.

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