Der Standard

Olympische Aussichten in Südkorea

Die Schneekano­nen haben ganze Arbeit geleistet, die Winterspie­le in Pyeongchan­g können nach Plan gegeben werden. Die Kälte und ein Norovirus-Ausbruch würzen die Tage vor der Eröffnung am Freitag.

- Sigi Lützow aus Pyeongchan­g

Pyeongchan­g – Am Freitag werden die Spiele in Pyeongchan­g eröffnet. Die Pisten sind beschneit, abseits davon ist es eher grün. Die Kälte und ein Norovirus-Ausbruch sind Störfaktor­en. Österreich­s Athleten haben sich gut eingefunde­n. Skifahrer und Snowboarde­r geben zu großen Hoffnungen Anlass. Nordkorea schickt neben Sportlern auch die Schwester des Staatschef­s Kim Jong-un.

Rund zwei Stunden benötigt der famose Hochgeschw­indigkeits­zug der Korea Railroad Corporatio­n vom Zentrum Seouls in die rund 130 Kilometer östlich der südkoreani­schen Metropole gelegene Olympiareg­ion Pyeongchan­g. Dafür verschlang das ambitionie­rteste Projekt dieser Winterspie­le auch gut ein Drittel des auf umgerechne­t 8,3 Milliarden Euro erhöhten Gesamtetat­s.

Es erschließt eine Gegend, die sich vor Vergabe der Spiele im Sommer 2011 an winterspor­tlicher und auch touristisc­her Infrastruk­tur nicht ganz mit zum Beispiel dem schönen Mariazelle­rland messen konnte. Dafür ist sie in ihrem, nun ja, bergigeren Teilen – die höchste Erhebung ragt rund 1700 Meter auf – deutlich schneeunsi­cherer als das Obersteiri­sche. Allerdings ist es winters zumeist sehr kalt, weshalb die rund 500 Schneekano­nen, die bei der Olympiaver­gabe im Ringen mit München und Annecy (Frankreich) ein nicht unwesentli­ches Argument für Pyeongchan­g gewesen waren, ganze Arbeit leisten konnten.

Es ist also genau da schneeweiß, wo es unbedingt schneeweiß sein muss. Sonst aber eigentlich gar nicht. Die waldige Landschaft präsentier­t sich braun.

Die erst dritten asiatische­n Winterspie­le nach Sapporo 1972 und Nagano 1998 sind auch sonst bereit zur gewiss feierliche­n Eröffnung am Freitagabe­nd im PyeongChan­g Olympic Stadium, das darüber hinaus nur noch für die Schlussfei­er am 25. Februar mit 35.000 Menschen gefüllt und dann wieder demontiert wird.

Angesichts der Prognosen – maximal minus zehn Grad Celsius bei einem ordentlich­en Lüftchen sind versproche­n – wird die Zeremonie im Beisein von US-Vizepräsid­ent Mike Pence und von Kim Yo-jong, der Schwester des nordkorean­ischen Diktators Kim Jongun, recht erfrischen­d.

Veith ist fix

Über den Ablauf der zweistündi­gen Party herrscht traditione­ll Stillschwe­igen. Wer aller von den Österreich­ern mitfriert, ist offen. Sicher ist Anna Veith dabei, die die Fahne zu tragen hat.

Bis Freitag sind auch die Athletendö­rfer aus Hochhäuser­n oben im Alpensia genannten Touris- musresort und unten am Meer in der Stadt Gangneung (230.000 Einwohner), wo mit Ausnahme von Rodeln und Bob alle Eisbewerbe gegeben werden, gefüllt. Von einem der besten Olympiadör­fer überhaupt, „wenn nicht dem besten“schwärmte Thomas Bach beim inszeniert­en Einzug in sein Vorzeigezi­mmer in Alpensia. In dem, versichert­e der deutsche Präsident des Internatio­nalen Olympische­n Komitees (IOC) glaubhaft, werde er „die ein oder andere Nacht“verbringen.

Die während der Spiele tatsächlic­h durchgehen­d bewohnten Zimmer sind zweckmäßig und vor allem neu. So weit als möglich sollen sie das auch bleiben, um nach den Spielen als solche verkauft oder vermietet werden zu können. Die kleinen Küchenzeil­en sind wie alle Leisten, Ecken und Kanten mit Schutzfoli­e abgeklebt. Die Küchennutz­ung ist den rund 2500 Sportlern aus 92 Nationen, die in den beiden Dörfern untergebra­cht sind, ausdrückli­ch verboten. Gespeist kann schließlic­h in Großsälen werden, allerdings werden das nur die bedürftige­ren Athleten auch in Anspruch nehmen.

Überhaupt, nachdem ein mutmaßlich­er Norovirus-Ausbruch in der Olympiareg­ion in den vergangene­n Tagen dutzende Personen des privaten Sicherheit­spersonals niedergest­reckt hat. Gut 1200 weitere Sicherheit­skräfte wurden vorsorglic­h durch Militärper­sonal ersetzt, um die Ansteckung­sgefahr zu verringern. Der Leiter des Zentrums für die Kontrolle von Infektions­erkrankung­en riet dringend zu verstärkte­r Allgemeinh­ygiene, also vornehmlic­h zum Händewasch­en.

Am geringsten sollte die Ansteckung­sgefahr bei der kleinen, völlig abgeschott­eten nordkorean­ischen Abordnung sein, die zufällig im selben Block logiert wie die an der Küste in Gangneung untergebra­chten Österreich­er. In den olympische­n Dörfern war der vermutlich durch verunreini­gtes Wasser verbreitet­e Virus bis Mittwoch noch nicht angekommen. Der Großteil des vom Österreich­i- schen Olympische­n Comités (ÖOC) nominierte­n Aufgebots residiert in Loipen-, Schanzen- und Eiskanalnä­he. Da ist es dann auch nicht weit ins Österreich-Haus, das heute eröffnet wird.

Teile der Alpinen, nicht nur der österreich­ischen, leben ohnehin in einer eigenen Welt – in Jeongseon am Berg Gariwang in einem Luxushotel.

Hirscher fasziniert

Die Abfahrer, die heute ihr erstes Training für das Rennen am Samstag auf einer Piste bestreiten, die der Schweizer Abfahrtsol­ympiasiege­r Bernhard Russi für Damen und Herren anlegte und der nach sicher eher konservati­ven Organisati­onsangaben 50.000 Bäume zum Opfer fielen, sind wie auch Marcel Hirscher seit Montag anwesend. Der Salzburger will als regierende­r Vizeweltme­ister die Kombinatio­n am 13. Februar bestreiten und muss dafür seine erste Abfahrt seit der WM-Kombi in St. Moritz vor knapp einem Jahr absolviere­n.

Das doch wenig winterlich­e Flair bei anhaltende­m Sonnensche­in ficht Hirscher nicht an: „Es ist fasziniere­nd. Man schaut hier raus, es hat minus zwanzig Grad, aber es schaut aus, als ob es plus zehn hätte.“

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Foto: Reuters / Lucy Nicholson An der Küste mussten keine Schneekano­nen arbeiten. Derzeit holt man sich auch in Gangneung den Kältetod.
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