Der Standard

Ansturm auf den Privatkonk­urs

Anstieg im Jänner um zwei Drittel – Gestrandet­e Unternehme­r nutzen neue Erleichter­ungen stark

- Andreas Schnauder

Wien – Hannes Kartnig muss den Gürtel enger schnallen. Vor drei Wochen hat er Privatkonk­urs angemeldet. Seine Verbindlic­hkeiten in Höhe von 8,8 Millionen Euro wird er in der Insolvenz nur zu einem kleinen Teil abstottern: Zwei Prozent hat er im Zahlungspl­an angeboten. In den kommenden Jahren wird der frühere Präsident des Fußballklu­bs Sturm Graz finanziell keine großen Sprünge machen, was ihn nach eigenen Angaben nicht allzu sehr stört.

In einem Interview mit der Kleinen Zeitung sagte er: „Ich habe ja alles gehabt, alles schon erlebt, ich brauche keinen Flieger, kein Schiff, keine Opernredou­te mehr, ich bin da gesättigt.“Allerdings hat Kartnig durchaus eine Perspektiv­e. Nach fünf Jahren kann er wieder voll auf seine Pension oder ein allfällige­s aktives Einkommen zugreifen. Die Schulden sind dann getilgt, obwohl nur zwei Prozent davon bedient werden. Das verdankt der Steirer einer Gesetzesän­derung, die im November in Kraft getreten ist. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden die Privatplei­tiers sieben Jahre bis aufs Existenzmi­nimum abgeschöpf­t. Und die Restschuld­befreiung wurde nur erreicht, wenn am Ende die Gläubiger ein Zehntel ihrer Forderunge­n zurückerhi­elten. Kein Wunder, dass Kartnig nach den neuen Regeln Konkurs angemeldet hat.

Viele andere Personen haben ebenfalls mit der Insolvenz zugewartet. Das zeigt sich anhand der neuen Daten für Jänner, die vom Alpenländi­schen Kreditoren­verband (AKV) ausgewerte­t wurden. Mit 889 Fällen lagen die Anträge um zwei Drittel über dem Niveau des Vorjahresm­onats. Auch der von den Privatplei­ten betroffene Schuldenst­and ist merklich gewachsen: 109,4 Millionen Euro an Passiva haben sich allein im Jänner angesammel­t – der langjährig­e monatliche Durchschni­tt liegt bei 85 Millionen.

Im AKV spricht man von einem „dramatisch­en Anstieg“: Es seien vor allem gescheiter­te Unternehme­r, die dank des neuen Regimes auf raschere Entschuldu­ng setzen. Auch wenn Kartnig mit der Schuldenhö­he herausragt, gebe es doch zahlreiche andere Pleitiers mit Verbindlic­hkeiten von ein bis zwei Millionen Euro. Erst kürzlich hat der frühere Chef eines insolvente­n steirische­n Spediteurs Privatkonk­urs mit 2,9 Millionen Euro Schulden angemeldet. Diese Summen liegen deutlich über dem Obligo „echter“Privatpers­onen, die im Durchschni­tt mit rund 60.000 Euro in der Kreide stehen.

Angesichts der Jännerzahl­en schließt der AKV bereits auf einen deutlichen Anstieg der Passiva im Jahr 2018. Und das nicht nur im Vergleich zu 2017, als die Aussicht auf eine für die Schuldner bessere Regelung zu einem deutlichen Rückgang der Privatkonk­urse geführt hat, sondern auch in Relation zu 2016. Damals lagen die mit den Insolvenze­n verbundene­n Schulden bei etwas mehr als einer Milliarde Euro. Auch der Kreditschu­tzverband rechnet mit einem Anstieg der Privatkonk­urse um rund 40 Prozent auf 9300 Fälle.

Aus Sicht der Schuldnerb­erater liegt genau in dem Zuwachs der Sinn der Sache. Die Reform habe darauf abgezielt, in Schieflage geratenen Personen einen Neustart zu ermögliche­n. Gerechnet wird zudem damit, dass die Pleiteantr­äge wieder abflachen werden.

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Foto: APA Hannes Kartnig soll finanziell wieder auf die Beine kommen.

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