Ein Opernball für starke Frauen
Pompöse Blumendekoration, große Stimmen und nervöse Debütanten zeichneten auch heuer den Wiener Opernball aus. Organisatorin Maria Großbauer wollte zudem ein Umdenken über Namen wie „Ballmama“schaffen und junge Frauen stärken.
Zigtausende zarte Röschen und bauchige Ranunkeln in Pastelltönen, zu 171 Blumenarrangements und 480 Tischsträußchen gebunden, zierten am Donnerstag die Wiener Staatsoper. Doch es wäre nicht der Opernball, und vor allem nicht jener von Organisatorin Maria Großbauer – wie Wien ihn vergangenes Jahr erstmals erleben durfte –, gebe es neben der feenhaften Floristik nicht noch einen Knalleffekt.
Vergangenes Jahr kam dieser in Gestalt von Pfauenfedern, heuer thronten auf den ovalen Blumengestecken im wohl bekanntesten Ballsaal Österreichs goldglitzernde Palmenblätter, was die Dekoration wie riesige Ananas wirken ließ. Gegen diese Assoziation konnte auch Klänge aus Wolfgang Amadeus Mozarts Figaros Hochzeit nicht helfen.
Großbauer, die 2017 die Ballorganisation von Desirée Treichl-Stürgkh übernommen hat, gab sich vor dem gesellschaftlichen Großereignis freudig. Beim zweiten Mal sei „immer alles leichter“. Ein Novum hatte sie heuer der Ballvorbereitung angedeihen lassen. Erstmals lud sie zu einer Podiumsdiskussion vor der Generalprobe. „Ich würde es ‚Women-Empowerment‘ nennen“, sagte sie. Ausgangspunkt seien die Rollenbilder gewesen, die man den weiblichen Debütantinnen oft zuschreibe. So sei es ihr wichtig, den jungen Frauen zu vermitteln, „dass man sich nicht entscheiden muss“. Als Frau könne man „stark und schön“sein: „Man kann ein hübsches Kleid anziehen und trotzdem was im Hirn haben.“
Im vergangenen Jahr hatte Großbauer selbst Erfahrung mit Geschlechterzuschreibungen gesammelt. Daher verkündete sie, dass sie nicht „Opernballmama“genannt werden wolle, wie es in der Vergangenheit oft das Los der Organisatorinnen war. „Das ist veraltet und schockierend“, sagte sie. Niemand würde einen Mann „Opernballpapa“nennen, ist sich die ÖVP-Nationalratsabgeordnete sicher.
Mutters Pläne
Eine der jungen Frauen ist Anna Moosbrugger. Sie und ihr Partner Fabio Bernhard eröffneten den Opernball gemeinsam. Um den Platz links außen in der ersten Reihe zu ergattern, hatten sie extra Tanzstunden genommen. Zusätzlich wurde jeden Sonntag im Jänner geübt, vergangenes Wochenende durchgehend. Dass sie am Opernball debütierten, war ein „gemeinsamer Plan unserer Mütter“, erzählten sie. Irgendwie hätte sich das dann so entwickelt. „Wir kennen uns, seit wir klein sind“, sagte Bernhard, der in Wien die Vienna International School besucht. „Natürlich war es mit Stress verbunden“, sagte die 16-jährige Moosbrugger, die in die Tourismusschule Klessheim in Salzburg geht. „Aber es war auch eine gute Abwechslung zur Schu- le.“Sogar für den 18-jährigen Maturanten ist es sich „lustigerweise neben dem Lernen ausgegangen“. Jedenfalls freute man sich vorab „tierisch“auf die Eröffnung. Bei der Generalprobe am Mittwoch hatte bei den beiden alles geklappt.
Problemchen bei der Probe
Von dem Gesamtbild der 144 Paare des Jungdamen- und Jungherrenkomitees war Choreograf Roman E. Svabek bei der Generalprobe noch nicht begeistert. „Es war eine schöne Probe mit fantastischen Tänzern und Sängern. Wir haben noch ein paar Linien, die geschärft werden müssen“, sagte der Tanzschullehrer. Aber schließlich probten die Paare das Eröffnungsstück Stürmisch in Lieb und Tanz, eine Polka von Johann Strauss Sohn, erstmals im Ballsaal. Dass dabei fünf Frauen ohnmächtig wurden, schockierte Svabek nicht. Das liege an der Nervosität und passiere öfter. Die Bewusstlosen werden gut versorgt und kommen meist schnell wieder auf die Beine. Falls dies beim Ball passiert, gibt es Reservepaare, die notfalls einspringen. Aber: „Das Ziel ist, mit dem ausgewählten Komitee zu eröffnen.“
Probleme machte bei der Probe auch das Wetter. Startenor Pavol Breslik sollte sich am Nachmittag einfinden, wegen des starken Schneefalls hing er aber in München fest. „Er hat sich im Taxi eingesungen“, so Operndirektor Dominique Meyer. Sonst lief alles glatt: Sängerin Valentina Naforniţă, die für Daniela Fally eingesprungen war, begeisterte mit O mio babbino caro aus Puccinis Gianni Schicchi. Das Staatsballett zeigte bei der Choreografie zu Josef Strauß’ Walzer Mein Lebenslauf ist Lieb’ und Lust sein Können.
Tanzen sollte am 62. Opernball auch die Politik: Zum zweiten Mal hatte sich Bundespräsident Alexander Van der Bellen in der Eckloge angekündigt, sein Gast war Petro Poroschenko, Präsident der Ukraine. Kanzler Sebastian Kurz wollte den irischen Ministerpräsidenten Leo Varadkar und die Menschenrechtsaktivistin Waris Dirie mitbringen. Neben Kurz haben sich heuer die Minister Gernot Blümel, Karin Kneissl, Margarete Schramböck, Hartwig Löger und Elisabeth Köstinger sowie Staatssekretärin Karoline Edtstadler avisiert. Bürgermeister Michael Häupl und Stadträtin Renate Brauner haben eigene Logen.
Auch Bauherr Richard Lugner brachte Prominenz mit: Melanie Griffith landete am Mittwoch in Wien. Unternehmer Klemens Hallmann wurde von Schauspielerin Lily James begleitet. Auch Nina Proll und Heiner Lauterbach wollten sich den Ball nicht entgehen lassen.
Nach der mäßig erfolgreichen Demo im Vorjahr wollte die Kommunistische Jugend heuer mehr Ballgegner mobilisieren. Die Polizei reagierte mit einem großräumigen Platzverbot.