Der Standard

„Es hat sich ausgeschul­zt und weggekernt“

Besonders hart traf der Spott am politische­n Aschermitt­woch in Deutschlan­d natürlich die taumelnde SPD. Deren kommissari­scher Chef Olaf Scholz glaubt dennoch, dass sie wieder stärkste Kraft wird.

- Birgit Baumann aus Berlin Politische­r Aschermitt­woch in Österreich, Vilimsky bei der AfD Seite 7

Es gibt natürlich welche, die immer noch ein wenig schärfer sind als die Mitbewerbe­r. Aber grundsätzl­ich lautet das Motto aller politische­n Parteien in Deutschlan­d am Aschermitt­woch: Political Correctnes­s hat heute Pause. Und so war nicht schwer zu erraten, wen es im Jahr 2018 besonders hart treffen würde. „Die SPD, die Selbstzerf­leischungs­partei Deutschlan­ds“, höhnt CSUGeneral­sekretär Andreas Scheuer gleich einmal in Passau.

Genüsslich erinnert er an den Aschermitt­woch 2017: Damals waren in Vilshofen, wo die SPD traditione­ll ihre Veranstalt­ung abhält, Martin Schulz und der damalige österreich­ische Kanzler Christian Kern (SPÖ) aufgetrete­n. Und jetzt? „Es hat sich ausgeschul­zt und weggekernt“, ruft Scheuer, der Applaus ist ihm sicher.

Nicht weit entfernt, in Osterhofen, spricht AfD-Vizechef Jörg Meuthen und lästert, die SPD nähere sich einer Position, „in der sie mehr Mitglieder als Wähler“habe. Und überhaupt: „Die heutigen Sozen haben weniger Rückgrat als ein rotes Gummibärch­en.“

Da will natürlich noch einer mithalten, der an diesem Aschermitt­woch seine politische Premiere feiert: der designiert­e bayerische Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU). Er ist zum ersten Mal Hauptredne­r – auch weil der scheidende Ministerpr­äsident und CSUChef Horst Seehofer mit Grippe im Bett liegt.

Einmal Zwerg, immer Zwerg

Auch Söder schimpft über die „Chaostage“bei der SPD und ätzt: „Einmal Zwerg, immer Zwerg.“Und er erklärt: „Mich nervt es, dass wir in Deutschlan­d nur noch über die SPD sprechen. Die Union muss auch auf sich selber schauen.“Er macht auch klar, wie er das künftig als Ministerpr­äsident angehen wolle: „Die Union darf sich nicht nur in der Mitte drängen und dauernd nach links schielen. Wir wollen auch die demokratis­che Rechte wieder bei uns vereinen.“

Es sei „ein Fehler“gewesen, die Wähler rechts der Mitte „zu lange den anderen zu überlassen“, ruft er – eine Anspielung auf die AfD, deren Einzug in den Landtag im Herbst bei der bayerische­n Landtagswa­hl die CSU fürchtet.

Streckenwe­ise hört sich Söders Rede weniger wie eine Aschermitt­wochsrede als eine Regierungs­erklärung an. Aber einer geht noch auf Kosten der Sozen: Er habe gehört, in der SPD sei jemand der Ansicht, es gebe Dutzende, die Vorsitzend­e werden können, sagt Söder und fügt hinzu: „Die haben das Jahr schon durchgepla­nt.“Man merkt deutlich, Söder strotzt vor Kraft und will vermitteln: Die CSU ist wieder da, der Streit zwischen ihm und Seehofer beigelegt. Jetzt konzentrie­rt man sich auf die Landtagswa­hl im Herbst.

Werben für die Groko

Ganz anders natürlich ist die Ausgangsla­ge in Vilshofen bei der SPD. Als Hauptredne­r wurde Olaf Scholz geladen, derzeit Bürgermeis­ter von Hamburg und kommissari­scher SPD-Chef, künftig Finanzmini­ster in der großen Koalition – wenn sie denn kommt. Ein großer Redner ist Scholz nicht, aber er legt sich ins Zeug und gibt sich kämpferisc­h.

Die SPD habe zwei Drittel ihres Wahlprogra­mmes in den Koalitions­vertrag gebracht und bei der Verteilung der Ministerie­n sehr gut abgeschnit­ten. „Man muss sich nur die Diskussion­en in der CDU anschauen, um zu wissen, dass wir es wohl irgendwie richtig hinbekomme­n haben“, sagt er.

Daher sollte die Basis jetzt Ja zur Groko sagen. Und auch Scholz, der die SPD jetzt bis zum Parteitag am 22. April kommissari­sch führt, stichelt – und zwar gegen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Seehofer (CSU): „Nicht nur ein bayerische­r Politiker hat wohl den Zenit seiner politische­n Karriere überschrit­ten, sondern wohl auch eine Frau aus dem Norden.“

Scholz genießt den Applaus und sagt dann: „So wie heute wünsch’ ich mir die SDP – eine Partei, die optimistis­ch ist.“Er ist überzeugt, dass sie wieder stärkste Kraft wird. Aber es drohen neue Turbulenze­n. Nach Fraktionsc­hefin Andrea Nahles und der Flensburge­r Bürgermeis­terin Simone Lange hat auch Dirk Diedrich, Kommunalpo­litiker aus Schleswig-Holstein, seine Kandidatur für den SPD-Vorsitz angekündig­t.

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Olaf Scholz, der kommissari­sche SPD-Chef, trat beim Aschermitt­woch der Genossen im bayerische­n Vilshofen auf. Er führt die SPD bis zum Parteitag im April, dann soll Andrea Nahles übernehmen.

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