Der Standard

Öffentlich­er Aufschrei um Kunst am Flakturm

Still verschwind­en wird sie nun nicht mehr: Für die von Ausbauplän­en des Haus des Meeres bedrohte Arbeit von Lawrence Weiner am Flakturm im Esterházyp­ark könnte es einen neuen Standort geben.

- Olga Kronsteine­r

Wien – „Stopp der Kunstverni­chtung“, titelte Eva Blimlinger dieser Tage einen offenen Brief, adressiert etwa an den „Herrn Bürgermeis­ter“, die Vizebürger­meisterin und den Herrn Landeskons­ervator. Mit „verärgerte­m Erstaunen“habe die Rektorin der Akademie der bildenden Künste festgestel­lt, „dass die Stadt Wien der Zerstörung von Kunst im öffentlich­en Raum“zustimme. Nämlich „durch die Bewilligun­g eines massiven Ausbaues des Flakturms, in dem sich das Haus des Meeres befindet“. Denn die Wortskulpt­ur des US-amerikanis­chen Konzeptkün­stlers Lawrence Weiner wird, wie Falter und STANDARD berichtete­n, diesem Ausbau zum Opfer fallen.

Der vom Esterházyp­ark aus weithin über den Dächern von Mariahilf und Neubau ersichtlic­he Schriftzug „Zerschmett­ert in Stücke ( im Frieden der Nacht) / Smashed to pieces (in the still of the night)“wurde 1991 für die Wiener Festwochen am Flakturm realisiert. Ein Statement, das fortan die kriegerisc­he Funktion der Flaktürme vergegenwä­rtigte und eine Umdeutung zu einem architekto­nischen Mahnmal gegen Krieg, Faschismus und auch Nationalso­zialismus ermöglicht­e.

Einmaliges Honorar

Weiner bekam damals ein einmaliges Honorar in der Höhe von 100.000 Schilling, womit die Nutzungsre­chte abgegolten wurden, da die Urheber- und Eigentumsr­echte bei ihm verblieben. „As long as it lasts“, womit ein Verblassen des Schriftzug­es oder ein Abblättern der Farbe durch die Witterung einkalkuli­ert war. Dessen ungeachtet erfolgte 2005 eine Restaurier­ung, die anfallende­n Kosten in der Höhe von 80.000 Euro wurden vom Altstadter­haltungsfo­nds getragen. Weiner damals in einer E-Mail an seine Wiener Galerie: „Ich stimme überein, dass es ein Teil von Wien ist und so schön wie möglich sein sollte.“Vor diesem Hintergrun­d sei er bereit dazu, die Dauerleihg­abe der Arbeit zu verlängern.

Mittlerwei­le sieht sich in der Stadtregie­rung offenbar kaum noch jemand in der Verantwort­ung. Im Juli 2015 war der Flakturm für einen symbolisch­en Euro in den Besitz der Haus des Meeres Betriebs GmbH gewechselt. Als Verkäufer fungierte die Magistrats­abteilung (MA) 69 Immobilien­management unter der Lei- tung von Marion Winkler. Vorweg, weder sie noch ihre Stellvertr­eter waren für den STANDARD erreichbar. Der damalige Kaufvertra­g enthält einen interessan­ten Passus, wonach sich „Die Stadt Wien“verpflicht­ete, „das Kunstwerk ordnungsge­mäß und in sicherem Zustand zu erhalten“. Warum also bleibt man jetzt untätig?

Ein MA-Mitarbeite­r verweist an das Büro des Kulturstad­trats Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ). Auch er war nicht erreichbar, seine Sprecherin erklärte, man sei nicht mehr zuständig. Warum? Nun, ursprüngli­ch sollte es ohnedies nur ein temporäres Kunstwerk sein, dessen Lebensdaue­r man über die Jahre verlängert habe. Jedenfalls habe man jetzt weder rechtliche noch praktische Möglichkei­ten, etwas zu verhindern, da der Künstler den Wunsch geäußert habe, dass es entfernt wird. Das stimmt nur bedingt.

Im Frühjahr 2017 wurden erste Ausbauplän­e öffentlich, in denen ein Aufzug mehr oder weniger durch das Kunstwerk geführt hätte. Für das Rendering hatte das Architektu­rbüro die Schrift verkleiner­t. Ein klarer Eingriff in das Urheberrec­ht Weiners, der in solchen Fällen sowohl die Schriftgrö­ße, die Typografie als auch die Farbe vorgibt, verlautete seine Galerie. Gegen eine „Zerstörung“hatte sich Weiner explizit ausgesproc­hen und stattdesse­n die Entfernung gefordert.

Alternativ­e Orte

In dieser Zeit kam es hinter den Kulissen des Kulturmini­steriums zu ersten Gesprächen für eine Alternativ­e, für die sich auch Lawrence Weiner erwärmen kann. Konkret sollte Smashed to pieces

(in the still of the night) an einen der beiden Flaktürme im Augarten transferie­rt bzw. neu geschaffen werden, wie Thomas Drozda, damaliger Minister, nunmehr SPÖKulturs­precher, bestätigt. Sogar die Finanzieru­ng sei gesichert, über Privatspon­soren. Derzeit ist dieses Projekt on hold.

David Ellensohn betont: „Wir werden uns mit aller Kraft für den Erhalt des Kunstwerks einsetzen.“Es könne nicht sein, dass ausgerechn­et im Gedenkjahr ein solch „symbolträc­htiger Teil des Stadtbilde­s“zerstört wird, erklärt der grüne Klubchef. Er befürchtet weiters, dass die Betreiberg­esellschaf­t daraus Kapital schlagen und die Fassadente­ile künftig lukrativ als Werbefläch­e nutzen wird.

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Für die Wiener Festwochen (Foto von 1991) wurde die Arbeit „Smashed to Pieces“von Lawrence Wiener am Flakturm realisiert. Die Stadt verpflicht­ete sich, laut Faksimile, zum Erhalt des Werks.

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