Der Standard

Sie müssen nur wollen

- Petra Stuiber

Ginge es nach den Aussagen während der Koalitions­verhandlun­gen zwischen ÖVP und FPÖ, hätte es die Serverprob­leme beim Sammeln der Unterstütz­ungserklär­ungen für Don’t-smoke-, Asyl- und Frauen-Volksbegeh­ren gar nicht geben dürfen. Der Ausbau des E-Government, so beteuerten der nunmehrige Kanzler und sein Vize vom ersten Tag ihrer Gespräche an, sei eines ihrer Herzensanl­iegen. Man wolle bald wieder „ganz vorn“liegen – wie schon einmal (als Wolfgang Schüssel mit FPÖ beziehungs­weise BZÖ regierte). Egal wonach Journalist­en fragten – immer kam die E-Kompetenz als Antwort. Das werde eines der Leuchtturm­projekte sein, hieß es damals.

Heute, 50 Tage später, muss man konstatier­en: Viel ist offenbar noch nicht geschehen. Okay, man hat Kompetenze­n gebündelt – das ist ein erster Schritt. Aber dass das Innenminis­terium offenbar grundsätzl­ich gröbere Probleme hat, Volksentsc­heide korrekt durchzufüh­ren (man denke etwa an die Bundespräs­identenwah­l und deren Wiederholu­ng), hätte man längst prioritär bearbeiten müssen.

Überlastun­g der Server – sollte sich lösen lassen; zu komplizier­te Layoutieru­ng von Unterschri­ftsformula­ren – kann man ändern; großer Andrang bei den behördlich­en Annahmeste­llen – also bitte. Eine entwickelt­e, moderne Demokratie mit nur knapp 6,4 Millionen Wahlberech­tigten sollte selbst einem „enormen Ansturm“gewachsen sein, wenn es nur um die Abgabe von Unterschri­ften geht. Von Anwärterst­aaten für die EU-Mitgliedsc­haft verlangt Brüssel so etwas heute ganz selbstvers­tändlich. Offenbar ist die Umstellung auf ein digitales Verfahren im Innenminis­terium nicht gründlich genug vorbereite­t worden – und einen Plan B, C und D für den Worst Case eines Totalausfa­lls scheint es nicht gegeben zu haben.

Die zuständige Wirtschaft­sministeri­n Margarete Schramböck sollte das „Server down“-Problem gerade bei einem weiteren angebliche­n Herzenspro­jekt der Koalition, der direkten Demokratie, zum Anlass nehmen, um energisch auf finanziell­e Mittel zu pochen. Denn auf dem Löwenantei­l des Geldes für den Ausbau des digitalen Österreich sitzt das Verkehrsmi­nisterium unter Norbert Hofer.

Dass, wie nicht wenige in den sozialen Medien vermuten, die Regierung die Volksbegeh­ren mit voller Absicht zum Absturz brachte, ist dann wohl doch etwas zu verschwöru­ngstheoret­isch. Aber ein rasend wichtiges Anliegen von TürkisBlau sind diese Plebiszite offenbar auch nicht.

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