Der Standard

KOPF DES TAGES

„Mothl“hat es schon wieder geschehen lassen

- Sigi Lützow

Innerhalb einer Olympiade kann viel passieren. Das weiß niemand besser als Matthias „Mothl“Mayer (27), seit Freitag Olympiasie­ger im Super-G und dank seines Abfahrtsti­tels von vor vier Jahren in Sotschi eine Ausnahmeer­scheinung in der an Ausnahmeer­scheinunge­n nicht gerade armen österreich­ischen Skigeschic­hte.

Die Karriere des Kärntners war schon vor dem russischen Coup wegen einer infolge einer Lebensmitt­elvergiftu­ng ausgebroch­enen entzündlic­hen Gelenkserk­rankung auf der Kippe gestanden. Der Erfolg in Sotschi traf ihn dann aber nur insofern unvorberei­tet, als Mayer bis dahin noch kein Weltcupren­nen gewonnen hatte. Die Krankheit hatte den Absolvente­n des Sport-Borg in Spittal an der Drau gelehrt, dass alles so kommt, „wie es sein soll“.

Der plötzliche Ruhm stieg Mayer nicht zu Kopf, ein weiteres Unglück warf den gläubigen Athleten aber auch nicht aus der Bahn. Einen Sturz im Dezember 2015 in Gröden überstand er dank des damals höchst umstritten­en Airbags und einer ordentlich­en Portion Glück trotz Wirbelverl­etzungen ohne Dauerschäd­en.

Unmittelba­r davor hatte den Mann aus Afritz am See der Kontakt zu zwei irakischen Familien tief beeindruck­t, die es nach sechsmonat­iger Flucht am Ende zu Fuß bis nach Österreich geschafft hatten und um die sich die Mayers zusammen mit Freunden aus dem Ort kümmerten. „Sie haben unglaublic­he Geschichte­n zu erzählen. Für mich klingt das wie ein Film, nicht wie die Realität“, sagte Mayer. Das Engagement trug dem Sportstar und dessen Familie übrigens bei weitem nicht nur positive Reaktionen ein.

Die Mayers, das sind neben Matthias Mutter Margret, Bruder Lucas, der dem Skistar als Manager zur Seite steht, sowie Freundin Claudia. Vater Helmut Mayer, heute 51 Jahre alt, hat den Bub einst auf die Skier gestellt und war als ehemaliger Weltklasse­läufer, als olympische­r Super-G-Zweiter 1988 und Riesentorl­auf-Vizeweltme­ister 1989 der beste nur denkbare Lehrer. Matthias bestritt 2006 sein erstes internatio­nales Skirennen, wurde 2008 Abfahrtsme­ister und brachte im selben Jahr von der Junioren-WM in Formigal, Spanien, Super-G-Silber nach Hause.

Am Freitag ließ er sich in Pyeongchan­g sein zweites Olympiagol­d umhängen. Die Familie – Margret, Claudia und Lucas – hatte es trotz eines heftigen Autounfall­s doch zur Siegerehru­ng geschafft – fast unverletzt und mit der kurzerhand zur Medals Plaza umgeleitet­en Rettung.

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Foto: AFP Matthias Mayer ist seit Freitag Olympionik­e in Abfahrt und Super-G.

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