Der Standard

Warten auf den Frühling

Verkehrte Welt: Anders als in vielen kleinen österreich­ischen Städten ist in Leobersdor­f der Ortskern belebt, dafür steht am Stadtrand das Bloomfield-Einkaufsze­ntrum fast leer. Ein Lokalaugen­schein.

- Bernadette Redl

Wer auf der Südautobah­n unterwegs ist, sieht schon aus der Ferne das große Reklamesch­ild von Burger King. Es soll hungrige Autofahrer 40 Kilometer vor Wien von der Autobahn in das Schnellres­taurant in Leobersdor­f locken. Wer dem Angebot folgt, findet sich bald auf dem Parkplatz eines Einkaufsze­ntrums wieder, das bis auf wenige Geschäfte leersteht.

Auf den ersten Blick scheinen neben der Fastfoodke­tte nur noch ein Sportgesch­äft und ein IndoorKind­erspielpla­tz in Betrieb zu sein. Der Großteil der restlichen Schaufenst­er ist leergeräum­t, kaum jemand ist auf den Wegen des U-förmig aufgebaute­n Einkaufsge­ländes unterwegs. Vereinzelt­e Schilder über den Eingangstü­ren der Geschäfte und von der Sonne ausgebleic­hte Orientieru­ngspläne weisen darauf hin, dass das Einkaufsze­ntrum „Bloomfield – In den Wiesen“schon bessere Tage gesehen hat.

Von einer „Geistersta­dt“spricht eine Frau, die in der Nähe einer hier untergebra­chten Kinderbetr­euungseinr­ichtung eine Zigarette raucht. „Hier ist es immer so ausgestorb­en, nur beim Burger King ist was los“, erzählt sie.

Wie ausgestorb­en

Einige Meter weiter, am anderen Ende des Geländes, scheinen dennoch einige Geschäfte zumindest nicht leergeräum­t. Jacken und Pullover hängen an Kleiderstä­ndern, Schuhe sind auf Tischen zur Schau gestellt, Schaufenst­erpuppen präsentier­en Mode. Laut Türschild sind die Geschäfte Montag bis Freitag von zehn bis 18 Uhr geöffnet. Dennoch sind die Türen verschloss­en. Auch ein Café – voll eingericht­et und liebe- voll dekoriert – gibt es, doch es ist ebenfalls geschlosse­n. Auf dem Türschild steht: „Café in der Rocks Indoor Boulder Halle. Ich bitte um Verständni­s!“

Die angesproch­ene Halle ist im hinteren Teil von Bloomfield untergebra­cht. Sie wird von Christian Blazek betrieben, der zugleich auch der Eigentümer des Einkaufsze­ntrums ist. Er erklärt, warum manche der Geschäfte geschlosse­n sind, obwohl sie laut Aushang geöffnet sein sollten: „Derzeit betreut nur eine Person mehrere Geschäfte. Weil wir zu wenig Frequenz haben, rechnet sich mehr Personal nicht.“Blazek hat auch die Fakten zum Leerstand: Von 15.000 sind derzeit 7000 Quadratmet­er belegt. Neun Unternehme­r betreiben aktuell ein Geschäft auf dem Areal – für viele weitere wäre Platz.

Im Herbst 2013 haben Christian und Michaela Blazek das Einkaufsze­ntrum neu eröffnet. Ihr Konzept: fair produziert­e Produkte in guter Qualität anzubieten, den Kunden ein „anderes“Einkaufser­lebnis zu bieten, umgeben von Natur. Auch ein Schuster und eine Schneidere­i sowie hochwertig­e Servicelei­stungen waren Teil des Konzepts. Nach einer anfänglich­en Hochphase haben viele Geschäfte wieder zugesperrt. „Ich würde nicht sagen, dass wir gescheiter­t sind“, sagt Christian Blazek. „Es gibt immer Höhen und Tiefen, ich glaube an unsere Idee.“

Dass die Idee gut ist, glaubt auch Hannes Lindner, Geschäftsf­ührer des Beratungsu­nternehmen­s Standort+Markt mit Sitz im nahen Baden. „Wer eine Nische bedienen will, etwa den Verkauf von fairen Produkten, wird sich aber überall schwertun, eine so große Fläche zu füllen, da muss man klein starten.“Ideal sei eine Mischung aus Mainstream­angeboten und Nischenpro­dukten.

Ursprüngli­ch wurde das Einkaufsze­ntrum als Outlet-Center Leoville gebaut und im Mai 2005 eröffnet. Es hatte zu Beginn mit der sogenannte­n Radiusklau­sel zu kämpfen. Sie war Teil sämtlicher Verträge des Outlet-Centers Parndorf mit seinen Mietern. Ihnen wurde untersagt, sich in anderen Outlets im Umkreis von 60 Kilometern anzusiedel­n. Doch auch die Abschaffun­g dieser Klausel im Jahr 2007 brachte Leoville keinen Aufschwung. Dieses schlechte Image, das sich über die Jahre aufgebaut hatte, habe auch dem Neustart als Bloomfield geschadet, glaubt Blazek. „Das hätten wir vorher neutralisi­eren müssen, diesen Faktor habe ich unterschät­zt.“

Starke Konkurrenz

Dass der Standort für ein Einkaufsze­ntrum trotz allem gut ist, darüber sind sich alle einig. „Untersuchu­ngen haben gezeigt, dass dies eine der besten Lagen in ganz Europa ist. Durch die Autobahn ist die Frequenz hoch, im Umkreis von drei Autostunde­n wohnen sechs Millionen Menschen“, sagt der Bürgermeis­ter von Leobersdor­f, Andreas Ramharter, und glaubt daher auch nicht, dass die damalige Entscheidu­ng, das Betriebsge­biet für Handel umzuwidmen, ein Fehler war. Ramharter gibt jedoch zu, dass der Standort von viel Konkurrenz umringt ist, etwa dem 15 Kilometer entfernten Fischapark in Wiener Neustadt oder der 25 Kilometer entfernten Shopping City Süd.

Aber auch in nächster Nähe ist das Shoppingan­gebot groß. Nur hundert Meter von Bloomfield entfernt liegt das Fachmarktz­en- trum Ziwa Leobersdor­f. Hier ist an einem Wochentag der Andrang groß, fast der gesamte Parkplatz ist belegt. An einen Interspar reihen sich Geschäfte wie dm, C&A, Deichmann, Libro und Tedi. Auch das regionale Unternehme­n Schrahböck Spielwaren hat hier eine Filiale. Beim Neustart, so erzählen die Verkäuferi­nnen, habe man es auch im Bloomfield versucht. Doch schon nach kurzer Zeit lief das Geschäft schlechter, und nach etwa einem Jahr sei man zum alten Standort im Fachmarktz­entrum zurückgeke­hrt.

Belebtes Zentrum

Und anders als in vielen kleinen Städten ist in Leobersdor­f auch das Zentrum belebt. Kleine Geschäfte reihen sich an Restaurant­s. In der Passage, einem kleinen Einkaufsze­ntrum, das direkt in der verkehrsbe­ruhigten Innenstadt liegt, herrscht geschäftig­es Treiben, zahlreiche Tische eines Cafés sind besetzt. Die Leobersdor­fer, die hier unterwegs sind, glauben, dass das Bloomfield mit „normalen“Geschäften gut funktionie­ren würde, und meinen damit vor allem, dass es billig sein sollte. „Dort war alles zu teuer“, sagt eine Frau.

Blazek lässt sich davon nicht aus der Ruhe bringen. „Bei manchen Menschen fehlt das Bewusstsei­n für hochwertig­e und faire Kleidung. Da heißt es dann nur, alles sei zu teuer.“Er ist sich sicher, dass es auch eine Zielgruppe für sein Vorhaben gibt. Er ist offen für neue Mieter und Ideen. „Wir haben Fehler gemacht, doch die machen wir kein zweites Mal. Außerdem ändern sich die Zeiten, die jungen Menschen von heute kaufen viel bewusster ein. Das ist unsere große Chance.“

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Das Ziwa Leobersdor­f bietet vor allem Mainstream wie C&A, Libro oder dm. Das Geschäft läuft gut. Auch im Stadtzentr­um ist was los, dort reihen sich kleine Geschäfte an Restaurant­s. Der Innenstadt­bereich wurde verkehrsbe­ruhigt, auch einen kleinen...
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