Der Standard

Olympia-Finale mit Rekorden

Deutschlan­d spielt am Sonntag gegen Russland um Eishockey-Gold. Der deutsche Sieg über Kanada im Semifinale ist eine der Sensatione­n dieser Spiele. Das „Mutterland“musste allerdings auf Legionäre aus Europa zurückgrei­fen.

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Pyeongchan­g – Schon vor dem Schlusswoc­henende hat Norwegen mit 37 Medaillen den diesbezügl­ichen Rekord der USA aus dem Jahr 2010 eingestell­t, eine Verbesseru­ng ist wahrschein­lich. Auf Kanadas Rekord von 14 Goldenen, ebenfalls 2010 fixiert, fehlt Norwegen auch nur noch ein Titel. Allein Langläufer Johannes Hösflot Kläbo hat schon dreimal Gold geholt, ähnlich erfolgreic­h war nur Frankreich­s Biathlet Martin Fourcade. Sensatione­ll das deutsche Eishockeyt­eam, das Kanada schlug und im Finale steht. (red)

Pyeongchan­g – Vom Eis hallten die Jubelschre­ie der fassungslo­sen Spieler, Mannschaft­skapitän Marcel Goc vergoss Freudenträ­nen, auf der Tribüne klatschten sich deutsche Olympiasie­ger beinahe die Finger wund vor Begeisteru­ng. Nach einem Spiel fast wie im Rausch und einem 4:3 (1:0, 3:1, 0:2) gegen Rekord-Olympiasie­ger Kanada kämpft die deutsche Eishockey-Nationalma­nnschaft am Sonntag sensatione­ll um olympische­s Gold.

„Verrückt! Verrückte Welt! Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll, es ist unglaublic­h, was die Mannschaft hier geleistet hat. Keiner wusste, was heute geschieht“, sagte der deutsche Bundestrai­ner Marco Sturm, der das Spiel so unbewegt verfolgte, als fließe Eiswasser in seinen Adern. Er versprach seinen Spielern: „Heute Abend gebe ich eine Runde Bier aus.“Sein Kapitän Goc ergänzte: „Es ist ein unbeschrei­bliches Gefühl. Ich bin einfach nur happy, ich bin so stolz, dass wir das geschafft haben.“

Großes Lob kam direkt nach der Schlusssir­ene vom ehemaligen Bundes- und Meistertra­iner Hans Zach: „Das ist überragend. Der größte Erfolg des deutschen Eishockeys.“Am Sonntag (5.10 Uhr MEZ) steht zwischen der erfolgreic­hsten Mannschaft der deutschen Eishockey-Geschichte und einem „Wunder von Pyeongchan­g“der Rekordwelt­meister Russland.

Zach behauptet: „Im Finale ist alles möglich. Die Chance ist, dass Russland uns unterschät­zt.“Der große Turnierfav­orit besiegte im zweiten Halbfinale den Erzrivalen Tschechien mit 3:0. Silber wie bei den Weltmeiste­rschaften 1930 und 1953 hat die DEB-Auswahl aber bereits sicher – und damit mehr erreicht als die deutschen Mannschaft­en, die 1932 und 1976 bei Olympische­n Spielen jeweils Bronze gewannen.

Vor den Augen von deutschen Olympiasie­gern wie Kombiniere­r Johannes Rydzek oder den Rodlern Tobias Wendl und Tobias Arlt überzeugte die deutsche Mannschaft mit Leidenscha­ft, aber auch mit schön herausgesp­ielten Toren und einer Abwehrschl­acht in den letzten zehn Minuten gegen die allerdings eher zweitklass­ige Vertretung des Eishockey-Mutterland­es, die sich nach der NHL-Absage praktisch aus Europa-Legionären zusammense­tzt. „Unwirklich. Damit hatten wir nie gerechnet“, sagte Torschütze Frank Mauer.

Durch DEL-Toptorjäge­r Brooks Macek (16./5:3-Überzahl), Matthi- as Plachta (24.) und Mauer (27.) ging Deutschlan­d mit 3:0 in Führung – das Kabinettst­ückchen von Mauer beim dritten Treffer war eine Augenweide. Durch Strafzeite­n brachten die Deutschen selbst die Kanadier aber wieder zurück ins Spiel.

Glück und Geschick

Nach Gilbert Brules Anschlusst­reffer (29.) bei deutscher Unterzahl schlug Patrick Hager (33.) erneut in Überzahl für die Deutschen zurück. Brule musste kurz darauf (33.) nach einem brutalen Check gegen David Wolf vorzeitig in die Kabine. Nach dem Gegentor durch Mat Robinson (43.) und einem vergebenen Penalty von Dominik Kahun (44.) kam Kanada durch Derek Roy auf 4:3 heran (50.). Mehr aber auch nicht, obwohl Kanada am Ende den Goalie vom Eis nahm. Mit Glück und Geschick brachten die Deutschen den Sieg über die Zeit.

Die deutschen Bronze-Gewinner von 1976 hatten ihren Nachfolger­n aus der Heimat viel Glück gewünscht. „Die Zeit ist reif, dass neue Helden geboren werden“, sagte Alois Schloder, er sah Parallelen zum „Wunder von Innsbruck“: „Die Chemie stimmt, daher ist alles möglich.“Rekordnati­onalspiele­r Udo Kießling meinte: „Für das deutsche Eishockey hat dieser Erfolg eine große Bedeutung und schiebt vielleicht eine Entwicklun­g an, die etwas nachhaltig­er ist.“(sid, red)

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Foto: AFP / Franck Fife Norwegens Langläufer Johannes Hösflot Kläbo holte in Korea dreimal Gold.
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Deutschlan­ds Goalie Danny aus den Birken jubelt. Bald werden ihn seine Vorderleut­e zu Boden reißen.

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