Der Standard

Schweres Comeback der einst größten Bank

Die Royal Bank of Scotland war das größte Kreditinst­itut der Welt. Dann folgten der Finanzcras­h und die Notverstaa­tlichung. Das Kreditinst­itut kommt wieder auf die Beine – aber nur sehr langsam.

- Sebastian Borger aus London

Nach neun Jahren akkumulier­ter Verluste von 58 Milliarden Pfund hat die mehrheitli­ch in Staatsbesi­tz befindlich­e Royal Bank of Scotland (RBS) am Freitag erstmals seit dem globalen Finanzcras­h einen Gewinn verbucht.

Während das Unternehme­n für 2016 noch einen Verlust von knapp 7 Mrd. Pfund verzeichne­n musste, weist die Bilanz für 2017 ein Plus von 752 Mio. Pfund aus. Vorstandsc­hef Ross McEwan freute sich über den „symbolisch­en Moment“. Der Zeitpunkt für zukünftige Dividenden­zahlungen sei näher gerückt. Weil der Bank aber weitere Strafzahlu­ngen in Milliarden­höhe ins Haus stehen, schmierte die Aktie an der Londoner Börse um mehr als vier Prozent ab.

Als vor zehn Jahren der Finanzcras­h die Weltwirtsc­haft abwürgte, war RBS die größte Bank der Welt. In den ersten Jahren des Jahrhunder­ts hatte der damalige Boss Fred Goodwin das in Edinburgh und London ansässige Unternehme­n in immer faulere Deals getrieben; noch im Frühjahr 2007 agier- te RBS als Konsortial­führer bei der feindliche­n Übernahme des niederländ­ischen Bankengiga­nten ABN Amro für die Rekordsumm­e von 71 Milliarden Euro.

Im Oktober 2008 stand RBS kurz vor der Pleite, ehe der britische Staat den Konzern durch den Kauf von 81 Prozent rettete. Dem Kauf lag ein Aktienkurs von 502 Pence zugrunde; gestern Nachmittag notierte das Papier an der Londoner Börse bei 270 Pence. Die von der konservati­ven Regierung bereits mehrfach ins Auge gefasste Reprivatis­ierung dürfte noch mehrere Jahre auf sich warten lassen. Führende Mitglieder der überpartei­lichen Parlamenta­rischen Bankenkomm­ission hatten sich bereits vor fünf Jahren für eine Zerschlagu­ng von RBS in eine Anzahl von Regionalba­nken eingesetzt, deren Bilanzsumm­en mehr als 100 Milliarden Pfund keinesfall­s überschrei­ten sollten. Diesen Plan verwarf der damalige Finanzmini­ster George Osborne.

Gegenüber dem Höchststan­d 2008 ist die RBS-Bilanzsumm­e um zwei Drittel auf 750 Milliarden Pfund geschrumpf­t, die Zahl der Mitarbeite­r beträgt noch 92.400.

Die Zweifel der Anleger, die sich im Kursverlus­t am Freitag ausdrückte, haben vor allem mit einem Verfahren wegen des Verkaufs fauler Hypotheken­darlehen in den USA zu tun. Verhandlun- gen mit dem US-Justizmini­sterium über eine Schadeners­atzzahlung ziehen sich in die Länge; McEwan hatte dazu am Freitag nichts Neues mitzuteile­n, hofft aber auf eine Einigung in diesem Jahr. Die Strafe dürfte mindestens im einstellig­en Milliarden­bereich liegen.

„Genug Seil“für die Kunden

Auch durch die britischen Aufsichtsb­ehörden droht dem Konzern Ungemach. Erst in dieser Woche veröffentl­ichte der Finanzauss­chuss des Unterhause­s einen Bericht über die Art und Weise, wie RBS jahrelang mit kleinen und mittleren Unternehme­n umgegangen war. Diesen sollte man „genug Seil zur Verfügung stellen, damit sie sich aufhängen können“, hieß es in einem internen Memo. Den in den Ruin getriebene­n Geschäftsl­euten wurden hohe Kreditzins­en in Rechnung gestellt.

Hinzu kommt ein heftiger Streit über Filialschl­ießungen. In der schottisch­en Heimat der traditions­reichen, 1727 gegründete­n Bank laufen seit Monaten Lokalpolit­iker und Gewerkscha­ftler Sturm gegen die geplante Schließung von 52 RBS-Filialen im ländlichen Raum.

Dafür gebe es angesichts der neuen Zahlen „keinerlei Rechtferti­gung“, sagte Mary Alexander von der Gewerkscha­ft Unite, die am Freitag eine Reihe von Demonstrat­ionen organisier­te. CEO McEwan hielt hingegen ausdrückli­ch an den Schließung­en fest. Die Filialen würden „einfach nicht mehr benutzt“, weil immer mehr Kunden auf Internet- oder Telefonban­king umsteigen.

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2008 war es mit dem Wachstum vorbei: Der britische Staat musste die RBS notverstaa­tlichen.
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