Der Standard

Seelenqual im Sündenpfuh­l

- Birgit Baumann

Sie waren reich, zügellos und gottesläst­erlich. Einmal, so die Sage, haben Bewohner von Rungholt den Pfarrer genötigt, einem betrunkene­n Schwein das Sterbesakr­ament zu geben.

Furchtbar war die Strafe: Rungholt, sagenumwob­ener Ort in der Nordsee, wurde mitsamt den sündigen Menschen im 14. Jahrhunder­t hinweggesp­ült und versank für immer.

Ein wenig davon taucht am Sonntag im Tatort Borowski und das Land zwischen den Meeren wieder auf. Klaus Borowski (Axel Milberg) wird auf die fiktive Nordseeins­el Suunholt geschickt, weil dort ein Mann tot in der Badewanne liegt.

Dessen Freundin Famke ist verzweifel­t. Irgendwer von der Insel muss es ja gewesen sein. Kandidaten gibt genug: einen grobschläc­htigen Schweineba­uern, einen sexuell frustriert­en Bäcker, eine bigotte Frau samt merkwürdig­em Jüngling. Die Fähre bringt vom Festland auch nicht nur Bonusmater­ial.

Borowski, der in seinem ersten Fall nach dem Abgang seiner Partnerin Sarah Brandt (Sibel Kekilli) zunächst besser gelaunt ist, merkt bald: ganz schön sündig, dieses Suunholt.

Im Zentrum steht die geheimnisv­olle Famke, wunderbar gespielt von Christiane Paul. Traum und Wirklichke­it kommen durcheinan­der, vermischen sich mit Rückblende­n, und Borowski kann dem Zauber der Frau, die sich um keine Konvention­en schert, nicht widerstehe­n, begeht einen emotional nachvollzi­ehbaren, aber polizeitak­tisch fatalen Fehler.

Es stürmt und flirrt, es rauscht und tost, der Sound des Tatorts stimmt über weite Strecken. Da verzeiht man, dass für die Insulaner (samt Polizeikrä­ften) nur Klischees übrig blieben. Und der Tathergang, der sich erst am Ende aufklärt, ist das Durchhalte­n allemal wert. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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