Der Standard

Volksabsti­mmung über das Rauchen?

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H.-C. Strache kann sich sehr wohl eine Volksabsti­mmung über das Thema Aufhebung/Nichtaufhe­bung des Rauchverbo­ts in der Gastronomi­e vorstellen, „am besten sofort“. Aber die ÖVP lässt ihn nicht, sagt er.

Allerdings hat Strache da noch eine kleine Bedingung: Es sollte da ein ganzes Paket geben, und das Volk solle zu Tempo 160 auf Autobahnen, den Handelsver­trägen Ceta und TTIP, den „ORF-Zwangsgebü­hren“, der „Schuldenun­ion“sowie der „Möglichkei­t, in der Gastronomi­e einen Raucherber­eich einzuricht­en“, abstimmen.

Klar ist, dass Strache mit diesem absurden Sager aus der Falle heraus will, die er sich (und dem Koalitions­partner) mit der Fehleinsch­ätzung der Stimmung in Sachen Rauchen gebastelt hat. Die FPÖ dachte, sie könne der militanten Minderheit der Raucher und dem „kleinen Mann“einen Gefallen tun, hat aber die Mittelschi­cht gegen sich aufgebrach­t.

Nun lautet der Ruf nach Abhaltung einer Volksabsti­mmung zu dem Thema. Altbundesp­räsident Heinz Fischer ist dagegen. Obwohl er das Volksbegeh­ren gegen die Aufhebung des Rauchverbo­ts unterschri­eben hat.

Fischer meint, eine Volksabsti­mmung (oder Volksbefra­gung) wäre aufwendig und kostspieli­g, und angesichts der Stimmungsl­age sei als logisches Ergebnis zu erwarten, dass eine Bestätigun­g der bestehende­n Rechtslage (ab 1. Mai gilt das Rauchverbo­t in der gesamten Gastronomi­e) herauskomm­e. Stattdesse­n könne man die bestehende Rechtslage einfach beibehalte­n. Also das Rauchverbo­t einfach in Kraft treten lassen.

Das wäre in der Tat am einfachste­n, wäre aber eine Niederlage für die Regierung. Sie hat dieses Retro-Geschenk für Raucher nun einmal beschlosse­n und will nicht herunterst­eigen. Und wenn eine Volksabsti­mmung, dann erst 2021, wenn die neuen Bestimmung­en über direkte Demokratie in Kraft treten sollen. Direkte Demokratie. Sie ist ein Liebkind aller Rechtspopu­listen, inklusive der rechtspopu­listischen Gruppe, die gerade an der Spitze der ÖVP steht. Ein Kernpunkt wäre die automatisc­he, verpflicht­ende Volksabsti­mmung, wenn ein Volksbegeh­ren eine gewisse Anzahl von Unterschri­ften erreicht. Die FPÖ wollte ursprüngli­ch 250.000 Stimmen, die ÖVP hat das auf 900.000 Stimmen hochgetrie­ben und die Umsetzung der Maßnahme auf das Ende der Legislatur­periode, eben 2021, verschoben.

Auch Sebastian Kurz war (ist?) ein Anhänger dieser Art von direkter Demokratie. Irgendwer scheint ihm aber die Problemati­k der plebiszitä­ren Demokratie klargemach­t zu haben. Nämlich dass komplizier­te Fragen sich nicht in ein Ja-Nein-Korsett pressen lassen und dass so Kompromiss­e unmöglich werden. Die Entscheidu­ngsfindung würde aus dem Parlament in eine schrankenl­ose Stimmungsm­ache skrupellos­er Manipulato­ren verlagert.

Aber an sich ist die direkte Demokratie eine gute Ergänzung der repräsenta­tiven Demokratie. Es müssten halt zum Beispiel erfolgreic­he Volksbegeh­ren ernst(er) genommen werden. Konkret, indem die Regierung den Unsinn mit der Aufhebung des Rauchverbo­ts einfach lässt. hans.rauscher@derStandar­d.at

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