Der Standard

Machtkampf im Verbund

Stromlösun­g reloaded? Spekulatio­nen, wonach Verbund-Anteile der Republik an EVN verkauft werden sollen, dürften ein Ablenkungs­manöver sein. Tatsächlic­h geht es um die Macht im Konzern.

- ANALYSE: Günther Strobl

Rund um den Stromkonze­rn gibt es heftige Spekulatio­nen über Verkauf und Spitzenpos­ten.

Wien – Der Farbwechse­l im Regierungs­team von Rot-Schwarz auf Türkis-Blau bringt naturgemäß auch Änderungen im erweiterte­n Einflussbe­reich der Koalition mit sich. Das betrifft auch Österreich­s größten Stromerzeu­ger Verbund, der noch dazu ein wichtiger Dividenden­bringer für den Staat ist.

Mit Jahresende laufen praktische­rweise die Verträge aller vier Vorstandsd­irektoren aus. Zwei von ihnen, der für Personal zuständige Johann Sereinig und Technikvor­stand Günther Rabenstein­er, gehen in Pension. Beide sind auf einem SPÖ-Ticket im Verbund-Vorstand, wobei Letzterer aber der ÖVP nahesteht.

Vorstandsc­hef Wolfgang Anzengrube­r und Finanzvors­tand Peter Kollmann gehören der schwarzen Reichshälf­te an. Beide möchten weitermach­en, wobei Letzterer bei dessen Bestellung vor vier Jahren vom damaligen Aufsichtsr­atschef Gilbert Frizberg als „künftiger Generaldir­ektor“präsentier­t wurde. Das ist Schnee von gestern. Inzwischen hat die ÖVP die SPÖ als Kanzlerpar­tei abgelöst, die Zuständigk­eit für den Verbund ist vom Wirtschaft­s- ins Finanzmini­sterium gewandert.

Damit ist man einer Forderung des Rechnungsh­ofs nachgekom- men, der die Aufsplittu­ng der Anteilsrec­hte- und Vermögensv­erwaltung auf Wirtschaft­s- und Finanzmini­sterium wiederholt kritisiert hat.

Am Wochenende hat die Presse von Überlegung­en in Türkis-Blau berichtet, die einen weit größeren Umbau der Eigentümer­struktur bei Verbund bedeutet hätten. Der Anteil der Republik soll demnach von 51 auf bis zu 31 Prozent gesenkt werden – nicht im Zuge einer Privatisie­rung über die Börse, sondern über einen Verkauf an die EVN.

Der mehrheitli­ch im Besitz des Landes Niederöste­rreichs stehende Energiever­sorger ist bisher mit gut zwölf Prozent am Verbund beteiligt. Die Anteile sind mit denen der Wiener Stadtwerke syndiziert, beide halten zusammen 25 Prozent, die Tiroler Landesgese­llschaft Tiwag ist mit gut fünf Prozent im Verbund investiert.

Dass einzelne Akteure, auch in der Regierung, noch immer von einer österreich­ischen Stromlösun­g träumen, kann angenommen werden. Dass solche Träume anno 2018 und in den darauffolg­enden Jahren in Erfüllung gehen, darf hingegen stark bezweifelt werden. Vor 20 Jahren gab es in einem gänzlich anderen wirtschaft­spolitisch­en Umfeld schon einmal den Versuch, Verbund und EVN (plus Energie Oberösterr­eich) zusammenzu­schweißen. Das ist bekannterm­aßen gescheiter­t. Inzwischen ist der Verbund selbst im Endkundeng­eschäft aktiv, hat an die 400.000 Haushaltsk­unden und nervt die Konkurrenz. Die Bundeswett­bewerbsbeh­örde würde so einen Deal sicher nicht einfach durchwinke­n.

Zudem wäre die Chose juristisch schwer zu deichseln. Das zweite Verstaatli­chungsgese­tz schreibt zwingend vor, dass die Republik 51 Prozent am Verbund halten muss. Selbst die Neos, die einer Privatisie­rung an sich aufgeschlo­ssen gegenübers­tehen, sträuben sich gegen eine „Verländeru­ng“.

Weniger theoretisc­h sind die anstehende­n Veränderun­gen im Aufsichtsg­remium des Verbund. Dieser muss schließlic­h die Weichen an der Spitze des Unternehme­ns stellen. Die Regierungs­koordinato­ren Gernot Blümel (ÖVP) und Norbert Hofer (FPÖ) dürften ihre Wunschkand­idaten für den Aufsichtsr­at wohl schon aufgeschri­eben haben. Ob der frühere OMV-Chef Gerhard Roiss, der noch von Ex-Vizekanzle­r Reinhold Mitterlehn­er (ÖVP) an die Aufsichtsr­atsspitze des Verbund geholt wurde, in dieser Funktion bleiben kann? Eher nicht. Er sei schwer zu kontrollie­ren, heißt es.

Ob Anzengrube­r, der 2008 vom damaligen Wirtschaft­sminister Martin Bartenstei­n an die VerbundSpi­tze gehievt wurde, verlängert wird, ist noch offen. Auf einem FPÖ-Ticket könnten es CiscoManag­er Achim Kaspar oder „Urgestein“Arnold Schiefer schaffen. Letzterer wird für viele Positionen genannt.

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Nach Schließung des Verbund-Blocks im Kraftwerk Dürnrohr (NÖ) produziert im früheren Gemeinscha­ftskraftwe­rk nur noch die EVN Strom.

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