Der Standard

Kaiser-Bonus und Kurz-Effekt in Kärnten

Am nächsten Sonntag wird auch in Kärnten gewählt. Die SPÖ setzt voll auf ihren Kandidaten, die ÖVP versteckt den ihren lieber – und Blau hat einiges aufzuholen. Die Wahl ist auch aus bundespoli­tischer Sicht spannend.

-

Wenn am nächsten Sonntag die Kärntner und Kärntnerin­nen zu den Wahlurnen gerufen werden, geht es um viel. Die Nachwehen des Hypo-Debakels wurden nur zum Teil auf die Schultern aller Steuerzahl­er in Österreich geladen, das Land steht noch immer tief in der Kreide. Die vergangene­n fünf Jahre waren vor allem dem Aufräumen gewidmet. Die nächste Landesregi­erung muss nicht nur Schulden tilgen, sondern auch stärker als bisher darauf schauen, dass sich mehr Menschen und Betriebe in Kärnten ansiedeln.

In Zeiten eines harten Sparkurses haben es Regierende, die sich der Wiederwahl stellen, meist nicht leicht. Anders in Kärnten: Hier gehen alle Umfragen davon aus, dass der 4. März Landeshaup­tmann Peter Kaiser (SPÖ) einen klaren Wahlsieg bringen wird: Kaiser ist beliebt, ein Wahlsieg wäre vor allem sein persönlich­er Erfolg. Die Kampagne ist deshalb ganz auf seine Person zugeschnit­ten.

Auch die FPÖ unter Spitzenkan­didat Gernot Darmann darf mit Zugewinnen rechnen – allerdings von einem bescheiden­en Ausgangsni­veau: Im Jahr 2013 waren die Blauen auf 16,9 Prozent abgesackt. Eine OGM-Umfrage sagt der FPÖ diesmal 24 Prozent voraus.

Zwar bewerben sich zehn Listen um die 36 Mandate im Landtag, realistisc­he Chancen auf einen Einzug haben aber nur sechs: Neben SPÖ und FPÖ sind das die ÖVP, die Grünen, das Team Kärnten (vormals Team Stronach) und die Neos. Letztere treten zum ersten Mal an, und zwar in einem Wahlzusamm­enschluss mit der slowenisch­en Wahlplattf­orm „Mein Südkärnten – Moja Južna Koroška“. Alle Umfragen sagen dem pinken Bündnis bessere Chancen voraus als den Grünen unter Spitzenkan­didat Rolf Holub, der derzeit Umweltland­esrat ist. Dass die Grünen das Ergebnis von 2013 (zwölf Prozent) auch nur annähernd halten werden, glaubt nicht einmal Holub selbst: Er schätzte seine Wahlchance­n in einer ORF-Diskussion Sonntagvor­mittag auf acht Prozent. Und selbst das ist Zweckoptim­ismus: Die jüngste OGMUmfrage sieht die Grünen nicht einmal mehr im Landtag. Ein Streit mit der früheren Landesspre­cherin Marion Mitsche, die nun mit der – eher chancenlos­en – Liste F.A.I.R antritt, schadet der Partei.

Ein versteckte­r Kandidat

Spannend wird auch sein, wie sich die ÖVP in Kärnten schlagen wird. Spitzenkan­didat Christian Benger gehört als Wirtschaft­slandesrat schon jetzt der Regierung an, er gilt als Kurz-treu und setzt auf seiner Tour durch die Gemeinden auf die Themen Wirtschaft und Infrastruk­tur, seine Beliebthei­t hält sich aber in Grenzen. „Die ÖVP hat Benger im Wahlkampf versteckt“, ätzen politische Mitbewerbe­r, weil auf Inseraten immer wieder Bundeskanz­ler Sebastian Kurz dominierte. Umfragen gehen davon aus, dass dieser „KurzEffekt“wirken wird: 18 Prozent seien möglich, sagt die OGM-Auswertung – bei der letzten Wahl lagen die Schwarzen bei 14,4 Prozent.

Ein weiteres Regierungs­mitglied, Gerhard Köfer vom Team Kärnten, muss ebenfalls um den Wiedereinz­ug in den Landtag zittern. Köfer setzt vor allem aufs Thema schlanke Verwaltung: Jedes Referat solle zehn Prozent einsparen, so die Forderung.

Die Wahl in Kärnten hat auch für die Bundespoli­tik große Bedeutung. Nachdem die SPÖ unter Christian Kern eine Abkehr von ihrem kategorisc­hen Nein zu RotBlau eingeleite­t hat, könnte Kaiser der Erste sein, der mit dem Goodwill der Bundespart­ei in Verhand- lungen mit der FPÖ tritt. Der von Kaiser entworfene Kriterienk­atalog soll dafür die roten Linien definieren – wobei interne Kritiker diese Linien als einigermaß­en elastisch bezeichnen. Zwar gab es Rot-Blau bereits, im Burgenland ist zudem Landeshaup­tmann Hans Niessl mit der FPÖ verbandelt – einen bundespoli­tischen Sanktus gab es aber nicht. Für Kaiser ist es das erste Mal, dass er Koalitions­verhandlun­gen führen muss. Nach dem Ende des Proporzsys­tems sind die stärksten Parteien nicht mehr automatisc­h in der Regierung.

Auch für die Kurz-ÖVP steht viel auf dem Spiel. Blau-Schwarz in Kärnten wäre aus Wiener Sicht die angenehmer­e Variante als ein roter Widersache­r im Landhaus. Selbiges gilt für die Bundes-FPÖ.

In der letzten Wahlkampfw­oche werden die Parteien noch einmal alles mobilisier­en. Mehrere Kandidaten erhalten am Samstag Besuch aus Wien: SPÖ-Bundespart­eichef Christian Kern reist zu Peter Kaiser, FPÖ-Chef und Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache steht Darmann bei. Auch NeosChef Matthias Strolz unterstütz­t die lokalen Pinken.

 ??  ?? Nächsten Sonntag wählt Kärnten. Wer wollte, konnte schon den vorgezogen­en Wahltag am 23. Februar nutzen. Auf einem Schild vor dem Klagenfurt­er Rathaus war irrtümlich vom „23. März“die Rede.
Nächsten Sonntag wählt Kärnten. Wer wollte, konnte schon den vorgezogen­en Wahltag am 23. Februar nutzen. Auf einem Schild vor dem Klagenfurt­er Rathaus war irrtümlich vom „23. März“die Rede.

Newspapers in German

Newspapers from Austria