Der Standard

Bierlein bemängelt Asylpläne der Regierung

Neue VfGH-Chefin gegen Rechtsschu­tzabbau und unverhältn­ismäßige Überwachun­g

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Wien – Die neue Verfassung­sgerichtsh­of-Präsidenti­n Brigitte Bierlein hält den Regierungs­plan, dem Verwaltung­sgerichtsh­of (VwGH) jede Zuständigk­eit in Asylsachen zu entziehen, für „problemati­sch“. „Das Asylwesen ist ein besonders sensibler Bereich, da sollte man den Rechtsschu­tz nicht zurückbaue­n“, sagte Bierlein in einem am Sonntag veröffentl­ichten Interview mit der Austria Presse Agentur.

Sie plädiert aber dafür, „alles zu tun, um Asylverfah­ren zu verkürzen“und möglichst rasch Wirtschaft­sflüchtlin­ge und „echte Asylwerber“zu trennen. Letztere sollte man dann „sofort zu integriere­n versuchen“.

Mindestsic­herung

Zurückhalt­end äußerte sich die am vergangene­n Freitag angelobte VfGH-Präsidenti­n zur Frage der Kürzung der Mindestsic­herung für Asylwerber – zumal der VfGH gerade den Antrag des Landesverw­altungsger­ichts behandelt, die diesbezügl­iche Regelung Nieder- österreich­s aufzuheben. In der heute, Montag, startenden Session ist hier eine Entscheidu­ng zu erwarten.

Auch das geplante „Sicherheit­spaket“der Regierung – mit massivem Ausbau der Überwachun­gsmöglichk­eiten – wollte die neue Präsidenti­n nicht kommentier­en. Schließlic­h werde dieses Gesetz (so es tatsächlic­h beschlosse­n wird) „mit hoher Wahrschein­lichkeit bei uns landen“. Aber Bierlein verwies bei allem Verständni­s für den Wunsch der Polizei, mit Kriminelle­n technisch Schritt halten zu können, auf das vom VfGH schon mehrfach vorgegeben­e Gebot der Verhältnis­mäßigkeit. „Öffentlich­es Interesse und Grundrecht­e müssen in Balance stehen.“Im Zweifel habe der VfGH bisher immer zugunsten der Grundrecht­e entschiede­n.

Damit, dass am Dienstag Exjustizmi­nister Wolfgang Brandstett­er als Verfassung­srichter angelobt werden soll und dann auch theoretisc­h über Gesetzte urteilen könnte, die er zuletzt selbst auf den Weg gebracht hat, hat Bierlein kein Problem. Sie vertraut auf die internen Befangenhe­itsregeln. Jedes VfGH-Mitglied, bei dem „auch nur im Entferntes­ten der Anschein einer Befangenhe­it entstehen könnte“, nehme sich selbst aus dem Fall heraus.

Bierlein selbst will sich nicht Parteinähe nachsagen lassen: „Ich war nie bei einer politische­n Partei“, betonte sie darauf angesproch­en, dass sie unter Schwarz-Blau 2003 Vize- und jetzt angeblich auf FPÖ-Wunsch Präsidenti­n wurde.

FPÖ-Kandidat umstritten

Aufregung gibt es um den der FPÖ zugeordnet­en VfGH-Kandidaten Andreas Hauer. Der UniProfess­or soll laut Falter vor Jahren den Europäisch­en Gerichtsho­f für Menschenre­chte als „mitverantw­ortlich für die multikrimi­nelle Gesellscha­ft“bezeichnet haben. Die Neos halten Hauer deshalb für untragbar. Auch zum Versammlun­gsrecht habe der VfGH-Kandidat zuletzt beim Hearing „fragwürdig“argumentie­rt. (APA, simo)

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